23. März 2022

Rede zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Niedersachsen

Plenarrede vom 23. März 2022

Im Rahmen der Aussprache zur Unterrichtung des Wirtschaftsministers Dr. Althusmann habe ich im Plenum zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Niedersachsen gesprochen. Wir alle blicken mit großem Entsetzen auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Inzwischen kommen täglich Menschen bei uns in Niedersachsen, bei uns in Osnabrück an, die aus ihrer ukrainischen Heimat vertrieben wurden und nun mit bangem Blick in die Heimat und auf eine ungewisse Zukunft schauen. Während die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft noch nachwirken, machen sich mittlerweile auch die ersten deutlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs bemerkbar. Um dieses Thema ging es in meinem Redebeitrag.

Videomitschnitt der Rede

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Text der Rede

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe hier heute Morgen vor Ihnen stellvertretend für unseren wirtschaftspolitischen Sprecher Christoph Bratmann, der bekanntlich etwas anders aussieht als ich. Er hat sich wie viele Kolleginnen und Kollegen hier im Hause leider mit dem Coronavirus infiziert und wird die Debatte jetzt sicherlich gespannt und interessiert am Bildschirm zu Hause verfolgen. Wenn du uns siehst, lieber Christoph: Viele Grüße nach Braunschweig!

Lieber Minister Althusmann, ich danke Ihnen zunächst einmal für Ihre umfassenden Ausführungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges heute Morgen hier im Plenum, aber auch im Wirtschaftsausschuss am vorletzten Freitag, ich glaube, es war der 11. März. Dort haben Sie auch schon sehr umfassend dazu Stellung genommen.

Die wirtschaftlichen Sanktionen, die wir verhängt haben, sind die Antwort der Völkergemeinschaft auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Lassen Sie mich einmal gleich zu Beginn sehr deutlich sagen, dass es einem das Herz zerreißt, wenn man täglich in den Nachrichten Bilder zerbombter Städte und Tausender aus ihrer Heimat vertriebener Ukrainer sieht. Ich finde das dramatisch, und das geht uns, glaube ich, allen so.

Wir stehen – das haben wir schon gestern bei der Regierungserklärung von Stephan Weil sehr deutlich gemacht – fest an der Seite der Ukraine und unterstützen, wo wir können.

Ich sage aber auch genauso: Es ist Putins Angriffskrieg, ein verbrecherischer Angriffskrieg, aber eben nicht der des russischen Volkes. Da sollten wir doch sehr genau differenzieren.

Herr Minister Althusmann hat die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Krieges dargestellt. Sie treffen die deutsche Wirtschaft und damit uns alle in ganz erheblichem Maße: keine Kabelbäume für die Automobil- und Zulieferindustrie, Engpässe in der Halbleiterversorgung, die Automobilindustrie in Niedersachsen läuft nur sehr eingeschränkt, teilweise gar nicht mehr.

Gestiegene Dieselkosten und teure Düngemittel machen der Ernährungswirtschaft als der zweitgrößten Branche zu schaffen. Herr Althusmann hat es ausgeführt. Sie haben aber auch gesagt, dass es wichtig sei, im Rahmen der EU-Agrarpolitik Regelungen zu ändern, um möglichst viele Flächen für den Lebensmittelanbau nutzen zu können. Hier liegt zumindest aus meiner Sicht ein Zielkonflikt vor. Denn wenn man mehr Lebensmittelanbau betreiben will, dann steht das möglicherweise in einem Konflikt zu beschlossenen Natur-, Arten- oder auch Klimaschutzregelungen, die davon zumindest tangiert werden.

Aber auch der Maschinen- und Anlagenbau, die Chemieindustrie, das Handwerk und vor allem die energieintensiven Betriebe, wie etwa die Glasindustrie in Südniedersachsen oder die Papierindustrie im Osnabrücker Raum, sind stark von den gestiegenen Energiepreisen betroffen. Viele Unternehmen habe gerade erst Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt.

Herr Althusmann, Sie haben heute Morgen im Plenum auf die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von russischen Erdgasimporten hingewiesen. Immerhin 55 % unserer bezogenen Erdgasmengen kommen aus Russland. Sie haben gleichzeitig ausgeführt, dass Deutschland täglich etwa 800 Millionen Euro nach Russland überweist, und deutlich gemacht, dass Sie das kritisch sehen und hier gefährliche Abhängigkeiten sehen. Ich bin zunächst einmal froh, dass Sie das hier so abgeschwächt formuliert haben, Herr Althusmann; denn Sie haben sich im Wirtschaftsausschuss am 11. März noch ganz anders angehört. Danke für diesen Erkenntnisgewinn! Sie haben im Wirtschaftsausschuss noch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie es eigentlich nicht verantworten können, dass wir überhaupt Erdgas von Russland abkaufen und so den Krieg Russlands finanzieren.

Herr Althusmann, ich muss Ihnen sagen: Nehmen Sie in diesem Zusammenhang Einfluss auf Ihren Parteivorsitzenden Friedrich Merz, der laut Handelsblatt von gestern am vergangenen Mittwoch im Bundestag noch einmal sehr deutlich einen Importstopp für russische Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 gefordert hat! Ich kann dazu nur sagen: Diese Haltung von Friedrich Merz und der Unionsfraktion im Bundestag ist keineswegs die Haltung der SPD-Landtagsfraktion oder dieser Landesregierung.

Herr Hillmer, das kann man so sehen, aber ein solcher Importstopp kann schon allein deswegen nicht funktionieren – das müssen wir ehrlicherweise einfach einmal sagen –, weil Deutschland eben 55 % seines Erdgases aus Russland bezieht. In ganz Europa sind es 40 %. Wenn also alle auf einen Importstopp verfallen würden, dann kann das bei 40 % Gaslieferung aus Russland in ganz Europa eben nicht funktionieren.

Woher sollen denn Substitutionslieferungen in diesen großen Mengen so kurzfristig kommen? – Mir erschließt sich das nicht. Das ist aus meiner Sicht völlig unrealistisch, gefährdet hier in Deutschland Arbeitsplätze, insbesondere im Bereich der energieintensiven Betriebe, beispielsweise der Glas- und Papierindustrie. Und das ist noch einmal ganz wichtig: Arbeitsplatzverlust ist auch Wohlstandsverlust und gefährdet am Ende den sozialen Frieden in diesem Land. Wie das dann am Ende aussieht, vermag ich mir gar nicht auszumalen.

Ich halte daher – um es deutlich zu sagen – Forderungen nach einem Importstopp für populistisch und gleichzeitig fahrlässig.

Immer mehr mittelständische Industriebetriebe können sich bei steigenden Preisen die Produktion in Deutschland nicht mehr leisten. Beispielsweise wurde die Papierfabrik Delkeskamp im Osnabrücker Land bereits geschlossen, weil die hohen Energiepreise dort nicht mehr bezahlbar sind. Andere würden bei einem Importstopp folgen.

„Wenn Deutschland sich dazu entschließen sollte, kein Gas oder Öl aus Russland mehr zu importieren, würde sich das dramatisch auf unsere Industrie, aber auch auf die Privathaushalte auswirken.“

Das war ein Zitat des Präsidenten des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall Stefan Wolf aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ich zitiere weiter:

„Die Inflation wäre zweistellig. Die Versorgungssicherheit wäre ernsthaft gefährdet.“

Der Verband der Chemischen Industrie, kurz: VCI, erneuert mit Nachdruck seine Warnung vor den massiven Folgen eines kurzfristigen Importstopps von Öl und vor allem Gas aus Russland für die Wertschöpfungsketten in Deutschland und unterstützt insbesondere die Position der Bundesregierung und der Ampelkoalition, die Abhängigkeit von russischen Importen strategisch, aber eben nicht überhastet zu verringern. Anlagen der Chemie- und Pharmabranche – das muss man einfach wissen – kann man eben nicht beliebig aus- und wieder anschalten. Da braucht es bestimmte Vorlaufzeiten. Sie sind im Übrigen auch sehr kostenintensiv.

Die Chemieindustrie verweist dabei auf den großen Verbrauch von Öl und Gas in dieser Branche. Sollte es wegen eines Energieembargos zu längeren Ausfällen von Anlagen kommen, hätte das massive Folgen für die Wertschöpfungsketten in Deutschland. Etwa 95 % aller Industrieerzeugnisse in Deutschland benötigen Chemieprodukte – vom Auto über Computerchips und Dämmmaterialien bis hin zu Fernsehern und übrigens auch Arzneimitteln sowie Waschmitteln.

Herr Minister Althusmann, Sie haben schon vorletzten Freitag im Wirtschaftsausschuss eine Senkung der Mineralölsteuer und auch heute eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel gefordert. Vordergründig ist eine solche Spritpreisbremse eine sehr wirkungsvolle und auch durchaus populäre Maßnahme. Aber aus meiner Sicht – das sage ich sehr deutlich – weist sie in die falsche Richtung.

Von einer Spritpreisbremse durch Mehrwertsteuersenkung würden vorwiegend Besserverdienende profitieren. Sie ist umweltpolitisch fragwürdig, weil sie Vielfahrer begünstigt, und im Übrigen auch noch ziemlich bürokratisch. Angesichts – gucken Sie sich mal die Preisschilder an! – zurzeit wieder fallender Ölpreise käme der Rabatt einer Subvention von Mineralölkonzernen gleich.

Auch an der Stelle noch mal der Hinweis: Eine isolierte Mehrwertsteuersenkung auf Benzin und Diesel ist im Übrigen aus EU-beihilferechtlichen Gründen überhaupt nicht möglich. Das hat zumindest unser Bundesfinanzminister im Bundestag deutlich gemacht. Ich schließe mich diesen Ausführungen ausdrücklich an.

Der Vorschlag stößt im Übrigen auch bei Ökonomen auf Ablehnung. Viele dieser Ökonomen ziehen den Vergleich zur befristeten Mehrwertsteuerabsenkung, die wir im Jahre 2020 schon einmal im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hatten. So auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer – ich zitiere –:

„Die Erfahrungen 2020“ – so Frau Schnitzer gegenüber t-online – „haben gezeigt, dass die Mehrwertsteuersenkung nur unvollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurde.“ Die Ökonomin schätzt, dass knapp 40 % der Steuersenkung an die Mineralölwirtschaft gehen würden – und eben nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, besser wäre aus meiner Sicht die Umsetzung des Vorschlags von Hubertus Heil, der die Einführung eines Mobilitätsgeldes als direkten Zuschuss gefordert hat, was im Übrigen auch das ifo Institut unterstützt. Ein solches Mobilitätsgeld würde beispielsweise Pendler in Flächenbundesländern – wie hier in Niedersachsen – deutlich entlasten. Es wäre sozialer und vor allen Dingen ökologisch nachhaltiger.

Dieses Mobilitätsgeld hätte den Vorteil, dass es unabhängig vom Einkommen und vom jeweilig genutzten Verkehrsmittel gewährt würde und gerade Beschäftigte mit geringen und durchschnittlichen Einkommen entlasten würde. Und – das sage ich auch als bekennender Finanzbeamter –: Dieses Modell hätte sogar den Vorteil, dass, wenn man diesen Zuschuss, der gewährt wird, noch mit Lohnsteuer besteuern würde, die Entlastungswirkung mit steigendem Einkommen sinkt und sie damit insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen zugutekommt, weil sie weniger Lohnsteuer zahlen als die Besserverdienenden.

Herr Minister Althusmann, Sie haben mich im Übrigen mit Ihren weiteren Ausführungen zum Straßenverkehrsrecht und zum Fahrermangel in der Logistikbranche überrascht. Sie haben von weiteren Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot gesprochen. Ich finde, genau das würde die Arbeitsbedingungen der Fahrer in dieser ohnehin gebeutelten Branche verschlechtern. Sie sind zum Glück nicht so weit gegangen wie ein Unionspolitiker auf Bundesebene, der beispielsweise die maximal zulässigen Lenkzeiten ausschöpfen will und eine erweiterte Zulassung von Nicht-EU-Spediteuren für den deutschen Markt in Erwägung zieht.

Meine Damen und Herren, das kann ausdrücklich nicht die Position der SPD-Fraktion sein – sie ist es auch nicht. Denn die Umsetzung dieser Forderung würde zum einen das Aushebeln von Arbeitsschutzvorschriften bedeuten, und zum anderen würde sie Dumpinglöhne der Konkurrenz aus Osteuropa begünstigen. Eine Folge wären also unattraktivere Arbeitsbedingungen. Denn diese werden durch längere Lenkzeiten nicht besser, sondern das Gegenteil ist der Fall. Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich deutlich. Gerade das fördert den Fahrermangel im Lkw- und Busbereich.

Die Lenkzeiten sind übrigens nicht das eigentliche Problem, sondern das eigentliche Problem ist schlicht der demografische Wandel. Denn jedes Jahr hören in Deutschland etwa 35 000 Fahrerinnen und Fahrer auf, doch nur 15 000 werden neu ausgebildet. Wir brauchen also statt längerer Lenkzeiten höhere Sozialstandards, wie es die EU-Mobilitätsrichtlinie im Bereich der Logistik im Übrigen fordert, und wir brauchen vor allen Dingen eine bessere Bezahlung der Fahrerinnen und Fahrer. Dann werden wir sie auch kriegen, meine Damen und Herren.

Ich komme zurück zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Sicherlich richtig ist, dass wir unsere Energieversorgung langfristig unabhängig von Russland gestalten müssen. Darüber besteht hier überhaupt kein Streit. Wir müssen energieautark werden. Das geht aber eben nur strategisch und langfristig und nicht durch einen überhasteten Importstopp russischen Erdgases. Langfristig muss die Energieversorgung natürlich ausschließlich aus erneuerbaren Energien erfolgen. Die mittelfristige Perspektive dazu lautet: LNG. LNG ist sozusagen die Brücke, die früher das Erdgas war, die Brücke in die erneuerbare Welt.

Olaf Lies, unser Energieminister, hat als zuständiger Minister erst gestern hier im Plenum die Perspektive aufgezeigt: In drei Jahren – also 2025 – wird durch den Ausbau der Standorte Wilhelmshaven und Stade die notwendige Infrastruktur voraussichtlich so weit ausgebaut sein, dass wir komplett auf russisches Gas verzichten und die notwendigen Energiemengen durch Flüssiggas ersetzt werden können. Das muss der Weg sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der Ukraine-Krieg uns eines deutlich vor Augen geführt hat, dann, dass wir unsere Klimaschutzanstrengungen noch mal deutlich verstärken müssen, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung der weiteren Erderwärmung – Stichwort „1,5 °-Ziel“ – oder der Vermeidung weiteren CO2-Ausstoßes. Nein! Weil wir energieautark werden müssen! Weil wir unabhängig werden müssen von Despoten und Diktatoren in Russland, China oder anderswo in der Welt.

Das ist im Übrigen auch eine neue Motivation mit Blick auf unser Klimaschutzgesetz. Das alles geht nur mit erneuerbaren Energien. Sie sind aus unserer Sicht die zukünftige Friedensdividende. Nur mithilfe der erneuerbaren Energien werden wir Kriege um Öl, Gas und andere Ressourcen zukünftig vermeiden können.

Deshalb kommt das neue Klimaschutzgesetz, das die Regierungsfraktionen zurzeit beraten, genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir fordern in diesem Klimaschutzgesetz einen Klimafonds, der natürlich finanziell unterfüttert werden muss und haushalterisch im Wirtschaftsförderfonds angesiedelt sein wird. Wir fordern in diesem Gesetz die Klimaneutralität der Landesverwaltung und aller Landesgebäude – inklusive Photovoltaikanlagen auf Landesliegenschaften, soweit technisch sinnvoll und möglich. Wesentliche Elemente sind auch Energieeinsparung und Energieeffizienz. Denn die Energie, die eingespart wird, brauchen wir gar nicht erst bereitzustellen.

Dazu gehört als Windenergieland Nummer eins natürlich der massive Ausbau der Windenergie. Wir wollen 2 % der Landesfläche für die Windenergie reservieren – ein ehrgeiziges, aber richtiges Ziel. Dazu gehören im Übrigen auch der Leitungsausbau, die Planungsbeschleunigung von Genehmigungsverfahren und – das will ich an dieser Stelle auch mal sagen – die deutliche Ansage an Bürgerinitiativen vor Ort, dass man im Interesse der Sache, im Interesse der gemeinsamen sicheren Energieversorgung auch mal das eine oder andere Windrad, den einen oder anderen Leitungsausbau vor seiner Haustür erdulden und ertragen muss. Dazu bedarf es auch Politikerinnen und Politikern, die das vor Ort mal deutlich sagen und sich an der Stelle nicht immer nur verstecken.

Meine Damen und Herren, ich sage aber auch sehr deutlich, was aus unserer Sicht nicht dazugehört: Dazu gehört nicht das Fracking von Schiefergas – da haben wir uns klar positioniert. Das bringt im Übrigen auch mit Blick auf die Mengen nichts. Dazu gehören auch keine Erdgasbohrungen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Auch dazu sind wir nicht bereit.

Dazu gehört vor allem nicht – das ist mein letzter Punkt – die Wiederbelebung der Atomenergie. Das lehnen wir entschieden ab. Das hat unsere Fraktionsvorsitzende im Übrigen erst gestern deutlich erklärt. Die Wiederbelebung der Atomenergie ist nicht unser Ziel. Wir lehnen das deutlich ab.

Herr Minister Althusmann, Sie haben das Thema zwar heute nicht angesprochen, aber der liebe Kollege Karl-Heinz Bley – ich weiß nicht, wo er ist – muss das jetzt trotzdem mal ertragen. Lieber Karl-Heinz, du hast dich erst in der vorletzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 11. März im Namen der CDU-Fraktion – das kann man dem Protokoll entnehmen – ziemlich unverhohlen für den Wiedereinstieg in die Atomenergie ausgesprochen. Das ist mit uns nicht zu machen.

Ich will hier gar nicht über die Gefahren atomarer Strahlung oder die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke sprechen, die ja bekanntlich die sichersten sein sollen, auch nicht über die Dauer der Halbwertszeit von Plutonium oder die auch hier in Niedersachsen immer noch ungelöste Endlagerfrage. Nein, ich möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit einmal auf einen ganz anderen Aspekt lenken: Was braucht man eigentlich zum Betrieb von Atomkraftwerken?

Uran. Sie brauchen Uran. Karl-Heinz, auch du brauchst Uran dazu – richtig Uran.

Wissen Sie eigentlich, wo Uran abgebaut wird? Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Zahlen zu recherchieren. Wo wird Uran abgebaut? Am meisten fördert ‑ man höre und staune!  ‑ inzwischen die kasachische Staatsfirma Kazatomprom. Die Firma Kazatomprom hat einen Weltmarktanteil bei der Uranförderung von 22 %, gefolgt vom französischen Konzern Orano mit 11 %. Auf dem dritten Platz liegt die Cameco. Auf Platz 4 folgt – man höre und staune! – die russische Rosatom-Tochter Uranium One.

Fünfter ist die chinesische Firma CGN. Den gesamten Weltmarkt des Uranabbaus teilen sich genau 14 Unternehmen. Fällt Ihnen etwas auf, meine Damen und Herren? Wer liefert Uran, lieber Karl-Heinz? – Kasachstan, Russland, China. Noch Fragen? Ich dachte eigentlich, wir wollten unabhängig von Despoten und Diktaturen werden.

Ich glaube, der Hinweis auf Uranabbau und die Lieferanten von Uran macht deutlich, dass Atomkraft eben nicht die Lösung sein kann. Ich sage nur, lieber Ulf Thiele: Wehret den Anfängen! Das wird mit uns und auch der Bundes-SPD nicht zu machen sein. Wir kämen nämlich vom Regen in die Traufe.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

Kurzintervention zum Redebeitrag der FDP:

Vielen Dank, Herr Präsident, dass Herr Birkner in Stellung bleiben darf.

Ich habe drei Punkte. Zunächst einmal: Herr Dr. Birkner, Sie haben jetzt 15 Minuten lang gesprochen, und ich habe nur festgestellt, dass Sie auf die CDU und die SPD eingegangen sind, ohne irgendeine eigene Zielvorstellung und Vorschläge zu nennen, wie Sie den Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine und den wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen wollen. Dazu habe ich nichts gehört.

Zum Zweiten: Wenn Sie mich hier schon zitieren und hier künstlich Konflikte zwischen Herrn Althusmann und mir produzieren wollen, dann müssen Sie schon richtig zuhören.

Ich habe im Zusammenhang mit den weiteren Flächen für den Lebensmittelanbau nur auf den Zielkonflikt hingewiesen. Natürlich kann man – das ist doch legitim – angesichts der Tatsache, dass aufgrund des Krieges in der Ukraine die sogenannte Kornkammer Ukraine möglicherweise nicht mehr zur Verfügung steht, über weitere Flächen nachdenken, auf denen in Deutschland Lebensmittel angebaut werden. Ich habe aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass es hier möglicherweise Zielkonflikte mit Artenschutzregelungen, mit naturschutzrechtlichen Regelungen und mit klimaschutzrechtlichen Regelungen gibt, und dass man diese Zielkonflikte natürlich gegeneinander abwägen muss und gucken muss, was höherwertig ist. Ist der Lebensmittelanbau wichtiger, oder sind es Klimaschutzregelungen oder Artenschutzregelungen? Mehr habe ich gar nicht gesagt, und da sehe ich überhaupt keinen Dissens zu unserem Wirtschaftsminister.

Und der dritte Punkt, den ich ansprechen wollte: Fracking. Natürlich fracken wir in diesem Land. Wir fracken im Sandstein, aber wir fracken nicht im Schiefergestein. Sie wissen sehr genau, warum wir das nicht tun: weil es ökologisch nicht zu verantworten ist, aus dem Schiefergestein mit entsprechenden Chemikalien zu fracken. Wenn Sie dazu eine andere Haltung haben sollten, können Sie das den Menschen in Niedersachsen erklären. Wir fracken aus Sandstein, aber nicht aus Schiefergestein.

Vielen Dank.