Ich besteige mein Fahrrad vorm Haus und radle erstmals für diese Tour los. Es geht zunächst steil bergauf aus dem Tal in Lüstringen-Ost den Lüstringer Berg am Hömmelkenbrinkweg hinauf zum Windrad in Darum.
Ein Windrad mit Symbolkraft
Mein erstes Ziel ist ein Ort am Lechtenbrink, Ecke Darumer Straße/Schledehauser Weg. Vor mir erhebt sich ein beeindruckendes Windrad. Es ist nicht nur ein umweltfreundlicher Stromproduzent, sondern außerdem ein sichtbares Symbol für regenerative Energien, deren Förderung mir seit Beginn meiner politischen Arbeit am Herzen liegt. Immer wieder muss ich an teilweise heftige Kontroversen denken, die ich als Mitglied im Lüstringer Ortsrat seinerzeit ausfechten musste, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Es hat sich gelohnt. Später radle ich auch am ehemaligen Windrad von Bauer Kassmann vorbei, einer vorbildlichen Privatinitiative für grünen Strom.
Schoeller
Mein nächstes Ziel ist schon von weitem sichtbar: Die Firma Schoeller mit dem hoch aufragenden Schornstein, dem altehrwürdigen Schoeller-Turm aus der Gründerzeit des Betriebes, dem hübschen Miteinander von modernsten Gebäuden und geschichtsträchtigen Fachwerkhäusern.
Hier haben früher einmal mein Großvater und mein Vater als Papiermacher den größten Teil ihres Berufslebens verbracht, und auch ich habe hier als Schüler in den Sommerferien gearbeitet, um mir mein erstes eigenes Auto, einen gebrauchten Renault 14, leisten zu können. Ein Stückchen bin ich als Gretesch-Lüstringer auch stolz darauf, dass ein so modernes, weltweit tätiges „Papier-Unternehmen“ in meiner Nachbarschaft liegt.
Gesamtschule Schinkel
Weiter geht es in Richtung Am Tie. Hier ist es dem Rat der Stadt in langen Jahren gelungen, wichtige mittelständische Betriebe wie das Schuhhaus Hamm oder den Bäckereimaschinenhersteller DIOSNA anzusiedeln. Kurz vor dem Erreichen des beliebten Campingplatzes Niedersachsenhof erreiche ich ein Bauwerk, in dem ich runde neun Jahre meines Schülerlebens verbracht habe: die Gesamtschule Schinkel.
Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf: gemeinsames Lernen, Freundschaften, erste Lieben, engagierte Lehrer, Teestubendienst, natürlich auch ein wenig Stress, den jeder normale Schüler erlebt.
Bis heute bin ich aber fest davon überzeugt, dass meine Eltern damals mit dieser Schule exakt die richtige Wahl getroffen haben, da hier starke und schwache SchülerInnen miteinander in Kontakt kommen und beide davon beim Lernen profitieren. Durch eigenes Erleben bin ich seither zu einem entschiedenen Befürworter von Gesamtschulen geworden.
Auf der Tannenburgstraße radle ich weiter, vorbei am Gedenkstein, den der Bürgerverein Schinkel von 1912 hier aufgestellt hat. Der Gedenkstein erinnert an die Eingemeindung des Stadtteils Schinkel zugunsten Osnabrücks im Jahre 1914 – dem Stadtteil, in dem ich groß geworden bin.
Jugendzentren
Weitere Stationen meiner Tour sind das Heinz-Fitschen-Haus und der Ostbunker, deren engagierte Arbeit seit langem dazu beiträgt, dass „der Schinkel“ heute entgegen manchem Vorurteil ein sehr lebendiger und moderner Stadtteil ist.
Beim Herunterrollen der Bremer Straße fällt mein Blick auf das heute leere Stadion an der Bremer Brücke, über dem mittlerweile der Schriftzug „Osnatel-Arena“ prangt. Heute ist es, bis auf den Verkehrslärm, still hier. Aber vor meinem geistigen Auge finde ich mich mit zehntausenden Osnabrücker Fußballfans mittendrin wieder, und höre unsere Anfeuerungs-, Protest- oder Torschreie.
KME
Letzte Station meiner heutigen Tour sind Liebig- und Knollstraße. Die Toreinfahrt von KME verrät einen tiefen Einblick auf das imposante Werksgelände. Hier ist seit den Zeiten des legendären „Osnabrücker Kupfer- und Drahtwerks“ echte Industriegeschichte geschrieben worden.
Die Steigung vor Erreichen der Knollstraße ist mühsam, aber der Plackerei folgt eine Belohnung: Das wunderschön restaurierte Gründerzeit-Gebäude der Hebammen-Lehranstalt ist heute ein städtebauliches Juwel. Ich freue mich sehr darüber, denn die Erhaltung dieses Bauwerks seinerzeit gegen den Widerstand vieler „Abriss-Kräfte“ durchzusetzen, war nicht ganz einfach.
So. Für den heutigen Tag war es genug – und ich genieße die „Bergabfahrt“ durch die Liebigstraße, fahre rechts in die Luisenstraße, um mir noch einmal das große Stadtwerke-Gelände anzusehen. Beeindruckend ist hier vor allem das neue Verwaltungsgebäude, das in Passivhausbauweise errichtet wurde und in dem ich schon so manche Stunde bei Sitzungen als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke verbracht habe. Diese Stadtwerke sind und bleiben eine Erfolgsgeschichte für einen kommunalen Betrieb, der so unterschiedliche Handlungsbereiche wie Strom und Gas, Busse und Klärwerk, nicht zuletzt den Hafen und die hiesigen Bäder unter einer Regie vereint. Nun fahre ich Richtung Abendessen nach Hause.