Frank Henning ist Abgeordneter und spricht schnell. Überhaupt ist Schnelligkeit der erste Eindruck, den man von ihm haben kann. Henning bewegt sich schnell, denkt schnell, spricht schnell. Henning ist schnell. Ein ruheloser Geselle, der alles für die Politik und seine Stadt gibt. Gefühlt macht er niemals Pause.
Ganz anders ist er im Urlaub. Dann fährt er mit dem Wohnwagen durch Europa. Er liebt es, abends auf dem Campingplatz am Lagerfeuer zu sitzen und zur Ruhe zu kommen. Beim Camping sammelt Henning all die Kraft, die er im Alltag braucht.
KEINER VON DENEN „DA OBEN“
Frank Henning ist keiner von denen „da oben“. Er kommt aus ganz einfachen Verhältnissen. Vielleicht legt er genau deshalb so ein Tempo an den Tag. Weil er immer wusste, dass er sich seinen Platz in der Gesellschaft selbst erkämpfen musste.
Geboren wurde Henning 1966. Er wuchs im alten Arbeiterstadtteil Schinkel auf. Sein Vater war Papiermacher, seine Mutter Putzfrau. Zu Hause herrscht ein strenges Regiment. Die Mutter besteht auf Ordnung und Sauberkeit und will, dass ihre Söhne sich anstrengen.
Die Familie lebt auf begrenztem Raum. Sein Bruder und er müssen sich in ihrer Jugend immer ein Zimmer teilen. 4,20 Meter lang und 2,50 Meter breit, zwei Betten, ein Einbauschrank und ein Tisch. Henning weiß es noch genau. Sein Bruder ist sieben Jahre älter. Aufgrund des Altersabstandes teilen sie nur wenige gemeinsame Interessen. Beide fühlen sie sich beengt.
Damals träumt Henning davon, Journalist oder Architekt zu werden. Aber es bleibt ein Traum. Um der räumlichen Enge zu entkommen, muss Frank Henning schnell Geld verdienen. Statt zu studieren, macht er eine Ausbildung beim Finanzamt. „Das war so ziemlich das Gegenteil von meinem Traum.“
Henning ist gut in seinem Beruf. Dennoch hat er stets das Gefühl, mit seinem Berufsweg gescheitert zu sein. „Ich wollte immer etwas Kreatives machen. Etwas mit Bewegung und Veränderung. Stattdessen wurden es schlicht Zahlen. Dann habe ich mich irgendwann dabei ertappt, dass ich lustlos bin. Langsam und ohne Feuer.“
Das ändert sich erst, als er beginnt Politik zu machen. In Schinkel wählt man traditionell SPD, und so tritt Henning natürlich auch in diese Partei ein. „Mein Leben wäre sicher ganz anders verlaufen, wenn ich nicht in die SPD eingetreten wäre.“, sagt er heute.
Denn in der Politik blüht Henning auf. Er wird in den Stadtrat gewählt und fängt voller Feuer und Begeisterung an, sich zu engagieren.
„Ich habe viel aus meinem eigenen Lebenslauf ableiten können. Ich war der Underdog aus einer armen Familie und bin nur zum Abitur gekommen, weil es eine Gesamtschule gab. Gesamtschulen sind SPD-Politik. Bildungsaufstieg ist SPD-Politik. Was verändern und nicht einfach sagen, so wie es ist, ist es gut, ist SPD-Politik. So mache ich Politik.“
Bei Henning ist dieser Ansatz Programm. Er scheut keinen Widerstand und wirft sich voller Eifer in Debatten. „Ja, ich weiß, ich übertreibe es manchmal auch ein bisschen. Aber ganz ehrlich: Wollen wir nicht alle Politiker, die lieber ein bisschen zu viel für die gute Sache kämpfen als ein bisschen zu wenig?“
Für Henning ist es wichtig, einen Kompass zu haben. „Ich will immer vor Augen haben, für wen ich das alles mache. Es sind die einfachen Leute. Darum gehe ich auch so gerne an die Haustüren und suche das Gespräch. Ich will wissen, was die Leute denken. Ich mache für die Politik. Dann muss ich ihnen auch zuhören!“
Frank Henning kandidiert noch einmal für den Landtag. Aber er weiß auch, dass seine Zeit in der Politik endlich ist. „Mit 60 ist für mich Schluss. Dann will ich ein Jahr lang mit dem Wohnwagen die ganze Küste Europas abfahren. Bis dahin werde ich weiter von morgens bis spät in die Nacht Politik machen, und ich hoffe, dass ich mit 60 Jahren sagen kann: Frank, du hast die Welt wirklich ein klitzekleines bisschen gerechter gemacht. Erst dann bin ich zufrieden.“