22. Mai 2017

Rede zur Verleihung des Rosa Courage-Preises 2017 an Volker Beck

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter und Preisträger der diesjährigen Verleihung des „Rosa Courage Preises“, lieber Kollege Volker Beck,
sehr geehrte Vorstandsmitglieder der Stadt Osnabrück, Herr Wolfgang Beckermann, Vorstand für Schule, Kultur, Soziales und alles andere was sonst noch wichtig ist in dieser Stadt,
sehr geehrter Herr Finanzvorstand Thomas Fillep,
lieber Hans Hengelein vom Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung,
liebe Martina Scholz, als langjährige Aktivistin der Lagerhalle Osnabrück und stete Begleiterin des „Rosa Courage Preises“ in Osnabrück in den letzten Jahren,
liebe Landtagskollegen, liebe Ratsmitglieder, lieber Marc Langer vom Vorstand des Gay in May e.V. – stellvertretend für alle Aktivisten und Unterstützerinnen und Unterstützer des Vereins,
meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste,

ich darf Sie und Euch ganz herzlich zur 26. Preisverleihung des „Rosa Courage-Preises“ im Namen von Rat und Verwaltung sowie unseres Oberbürgermeisters Wolfgang Griesert ganz herzlich im Osnabrücker Friedenssaal willkommen heißen. Für mich ist die heutige Preisverleihung insofern etwas Besonderes, da ich bereits zum dritten Mal die Begrüßungsrede halten und jedes Mal unseren jeweils amtierenden Oberbürgermeister vertreten darf. 2011, bei der Preisverleihung an die Autorin Karen-Susan Fessel, stand ich das erste Mal vor Ihnen, dann 2013 erneut bei der Preisverleihung an Frau Ulrike Lunacek und nun – 4 Jahre später – zum dritten Mal, bei der Preisverleihung an Herrn Volker Beck. Damit tritt für mich eine gewisse Routine ein, dennoch bin ich jedes Mal erneut gespannt darauf, wer den Preis in diesem Jahr bekommt.

Mit dem „Rosa Courage-Preis“ wird in Osnabrück das Engagement und die kulturelle Leistung von Menschen gewürdigt, die sich für sogenannte „queere Lebensentwürfe“ einsetzen oder diese in besonderer Weise vermitteln. In der Liste früherer Preisträgerinnen und Preisträger finden wir bekannte Namen wie Ralf König, Maren Kroymann, Hella von Sinnen, Wieland Speck, Claudia Roth, Brigitte Zypries, Klaus Wowereit, Karen-Susan Fessel und Ulricke Lunacek.

Heute steht Ihnen der Preis zu, sehr geehrter Herr Beck. Die Ihnen zustehende inhaltliche Würdigung werden heute natürlich noch andere Personen neben mir vornehmen. Ich kenne zwar Ihre Laudatorin, die Näheres zu Ihrer inhaltlichen Arbeit sagen wird und die Ihre Aktivitäten für Schwule, Lesben und Transgender entsprechend beleuchten wird. Und seien Sie sicher, ich würde diese Laudatorin heute im Namen der Stadt Osnabrück auch gerne persönlich begrüßen, zumal ich ein großer Fan von Ihr bin, da Sie dem Club der klaren Aussprache angehört, nur: Ich darf das gar nicht. Denn in meinem Manuskript bzw. der Regieanweisung für den heutigen Tag steht klipp und klar: „Die Laudatorin ist geheim!!!“ Deshalb will ich mich zurückhalten, mögliche Inhalte vorwegzunehmen. Und sage deshalb nichts zur Person Ihrer Laudatorin. Dennoch möchte ich ein paar Worte zu Ihren vielfältigen und langjährigen Aktivitäten sagen.

Sie traten 1985 den Grünen bei und waren von 1987 bis 1990 „Schwulenreferent“ der Grünen Bundestagsfraktion. 1994 wurden Sie zum ersten Mal in den Bundestag gewählt und setzten sich seitdem für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle sowie für die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus und gegen Diskriminierung von Minderheiten ein. Auch außerhalb Deutschlands setzen Sie sich für die Gleichstellung von Homosexuellen ein, etwa in Russland, Polen oder der Türkei. Dabei konnten Sie weder Drangsalierungen, körperliche Übergriffe noch Inhaftierungen von Ihrem Engagement abhalten. Wir alle haben die Bilder dazu aus der Tagesschau noch vor Augen. Dafür möchte ich Ihnen als offizieller Vertreter der Stadt Osnabrück, aber auch ganz persönlich, meine Anerkennung, meinen Respekt und meinen Dank zum Ausdruck bringen.

Eine Stadt wie Osnabrück, die stolz ist auf ihre Kinder Erich Maria Remarque oder Felix Nussbaum, die als Friedensstadt stolz ist auf die herausgestellten Werte wie Frieden, Demokratie, Integrationsfähigkeit und Toleranz, eine solche Stadt kann ebenfalls stolz sein, auch Ihre Aktivitäten, Herr Beck, in der angemessenen Art und Weise zu würdigen. Mit großem Interesse habe ich Ihr Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom vergangenen Samstag gelesen. Mit Ihrer Erlaubnis darf ich Sie wie folgt zitieren. Auf entsprechende Anfrage der Redakteurin haben Sie gesagt: (Zitat)

„Wir haben ein Problem mit Homosexuellenfeindlichkeit am rechten Rand, wir haben es zum Teil auch unter Migranten oder muslimischen Jugendlichen, wir haben aber auch eine Toleranz von Homosexuellenfeindlichkeit oder zumindest -diskriminierung in der Mitte der Gesellschaft – auch bei politischen Entscheidungsträgern, die sagen, sie haben Bauchschmerzen, wenn Schwule und Lesben heiraten dürfen. Das fängt bei der Kanzlerin an.“ (Zitat Ende)

Diese klare Aussage von Volker Beck, der ich mich inhaltlich nur anschließen kann, führt mich wiederum zu der Bundestagsdebatte vom 17. Mai, also vom vergangenen Mittwoch. Dort stand zunächst unter Tagesordnungspunkt 5 die Debatte zur „Ehe für gleichgeschlechtliche Paare“ auf der Tagesordnung. Auf Druck der CDU-Bundestagsfraktion wurde dieser Punkt von der Tagesordnung genommen, leider auch mit Zustimmung der Mehrheit der SPD-Bundestagsfraktion, die sich wieder einmal, gefangen im Korsett der Großen Koalition und des entsprechenden Koalitionsvertrages, vertragstreu verhielt und gemeinsam mit der Union diesen Punkt von der Tagesordnung nahm. Allerdings nicht mit sämtlichen Stimmen der SPD-Bundestagsfraktion. Es gab und gibt im Deutschen Bundestag eine wackere und engagierte Kollegin aus Köln, deren Redebeitrag im Bundestag zu diesem Tagesordnungspunkt in den sozialen Medien – also bei Facebook – zu erheblichen Klickzahlen führte.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Elfi Scho-Antwerpes aus Köln wehrte sich in einer vehementen und engagierten Rede gegen die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes. Um 18.20 Uhr am vergangenen Mittwoch vertrat sie ihren Standpunkt. Ich zitiere: „Vielfalt ist Normalität, es gibt keine Liebe zweiter Klasse.“ In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass 83 % aller Deutschen die Ehe für alle, gleich welchen Geschlechts, als völlig normal empfinden. Leider konnte sich die Kollegin Elfi Scho-Antwerpes trotz ihrer engagierten und couragierten Rede, gehalten im Kölner Dialekt, nicht gegen ihre Fraktionskollegen der großen Koalition durchsetzen. Der Tagesordnungspunkt zur „Ehe für gleichgeschlechtliche Paare“ wurde trotz ihres Widerstands und ihrer couragierten Rede von der Tagesordnung genommen. Ich kann nur jedem einmal empfehlen, sich diesen Redebeitrag auf Facebook noch einmal anzusehen, da kommt wahre Freude auf und das nicht nur wegen der klaren Kölner Aussprache. Die Rede von Elfi Scho-Antwerpes wurde im Internet gefeiert. 619.475 Aufrufe bei Facebook, 6435 mal wurde der Redebeitrag geteilt und es gab 735 überwiegend positive Kommentare im Netz. Ich empfehle jedem von Ihnen, sich diese Rede einfach noch einmal bei Facebook anzusehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Bundestagsdebatte vom vergangenen Mittwoch macht deutlich, dass das Jahr 2017 ein spannendes und richtungsweisendes Jahr wird. Auch für Schwule und Lesben entscheidet sich mit der Bundestagswahl im September die weitere Entwicklung. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe von „Gay in May“ fand am 9. Mai eine Podiumsdiskussion in der Lagerhalle mit den Osnabrücker Bundestagskandidaten statt. Ich darf meine Kollegin Antje Schulte-Schoh zitieren, die als SPD Bundestagskandidatin während dieser Veranstaltung klipp und klar formulierte: „Es wird Zeit für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, ebenso wie für ein vollständiges Adoptionsrecht!“ Dem kann ich mich nur anschließen.

Mir bleibt daher zum Abschluss nur, im Namen der Stadt Osnabrück den zahlreichen Ehrenamtlichen und Förderern der Veranstaltungsreihe „Gay in May“ für ihr Engagement zu danken. Ich wünsche allen Besucherinnen und Besuchern informative und unterhaltsame Stunden und den Veranstaltern ein erfolgreiches Festival. Und nun bin ich gemeinsam mit Ihnen gespannt auf die Laudatorin für Volker Beck.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.