29. Juni 2022

Tankrabatt und 9-Euro-Ticket

Redebeitrag zur Fragestunde im Nds. Landtag

Videomitschnitt der Rede

Beim Klicken auf das Bild wird ein externer Link zu YouTube aufgerufen. Es gelten die dortigen Datenschutz-Bestimmungen.

Text der Rede

Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich überlege gerade, wie ich Ihnen diese 17 Minuten ersparen kann. Ich mache es also kürzer als mein Vorredner.

Ich stelle zunächst einmal fest, dass die Fragestunde und die heutige Debatte deutlich gemacht haben, dass der Tankrabatt keine nennenswerte Entlastung der Berufspendler gebracht hat. Ein Blick auf die Preisschilder an den Zapfsäulen hat gezeigt, dass die Mineralölwirtschaft die Energiesteuer, wenn überhaupt, dann nur in den ersten Tagen an die Autofahrer weitergegeben hat. Schon nach wenigen Tagen war die alte Preissituation wiederhergestellt. Das kann jeder sehen, der an der Zapfsäule getankt hat und sich dort die Preisschilder näher angeschaut hat. Wir müssen also den deutlichen Eindruck gewinnen, dass die Mineralölwirtschaft die Steuersenkung, die ja gut gemeint war, am Ende eben nicht an den Verbraucher weitergegeben, sondern in die eigene Gewinnmaximierung gesteckt hat. Damit habe ich ein Problem, meine Damen und Herren.

Außer Spesen nix gewesen, Herr Grascha! Oder anders ausgedrückt: Der Tankrabatt mag gut gemeint gewesen sein, bewährt hat er sich aus meiner Sicht in keinster Weise.

Das sollte uns allen, die immer wieder über Steuersenkungen schwadronieren, eine Lehre sein; denn beispielsweise wird auch immer wieder die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gefordert, um Verbraucher zu entlasten. Auch das sind aus meiner Sicht nur Mitnahmeeffekte, die den gewünschten Erfolg – nämlich den Endverbraucher am Ende wirklich zu entlasten – in der Praxis am Ende nicht erbringen, weil diese Steuersenkungen eben nicht an die Verbraucher weitergegeben werden. Vielleicht ist das die Erkenntnis, die wir alle hier gemeinsam aus dieser Steuersenkungsorgie gewinnen können.

Insofern kann ich unserem Bundesfinanzminister Lindner auch nur widersprechen, wenn er beispielsweise gestern gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung in einem Interview nach den ersten Wochen des Tankrabatts eine positive Bilanz zieht, weil der Rabatt nach seiner – also Lindners – Sicht die Autofahrer entlastet hätte. Ich kann das nicht nachvollziehen. So ganz glaubt Herr Lindner wohl auch nicht an seine eigene Bilanzierung; denn in der gleichen Erklärung in der Neuen Osnabrücker Zeitung von gestern hat er dann auch ausgeschlossen, den Tankrabatt zu verlängern. Ihn nicht zu verlängern, macht dann ja auch irgendwie Sinn!

Ganz anders im Übrigen aus meiner Sicht der Erfolg des 9-Euro-Tickets. Das 9-Euro-Ticket ist aus meiner Sicht ein voller Erfolg. Wir haben das gerade schon in der Aktuellen Stunde zur Mobilitätswende hervorgehoben. Hier erfolgt seit einem Monat eine Abstimmung mit den Füßen. Die Menschen akzeptieren das 9-Euro-Ticket. Sie wollen einen preiswerten ÖPNV und SPNV. Immer dann, wenn ein Angebot auch im ländlichen Raum vorhanden ist, wird das Auto stehen gelassen, auch wenn es nur Freizeitfahrten sind, Herr Schulz-Hendel. Freizeitfahrten sind für mich Wirtschaftsförderung, die dann auch bestimmte Orte wiederum prosperieren lässt, wenn es Menschen gibt, die dort mit dem 9-Euro-Ticket hinfahren.

Ich habe bereits in der Aktuellen Stunde zur Mobilitätswende deutlich gemacht, dass man nach den drei Monaten eine Anschlusslösung im Sinne eines preisgünstigen Ganzjahrestickets benötigt, und das wollen wir auch forcieren. Auch auf das DGB/BUND-Impulspapier von gestern Mittag habe ich gerade eben schon hingewiesen. Auch dort wird von einem vergünstigten Ganzjahresticket gesprochen.

Meine Kollegin Anette Meyer zu Strohen aus Osnabrück hat in dieser Plenarwoche die Patenschaft für Schülerinnen der Berufsbildenden Schulen am Schölerberg in Osnabrück übernommen. – Ja, herzlichen Glückwunsch! Leider ist sie jetzt nicht hier. Ich hätte sie gerne hier dazu begrüßt; denn diese Woche haben wir diese vier jungen Schülerinnen der BBS Schölerberg zu Gast. Die Landesinitiative „n-21 – Schulen in Niedersachsen online“ hat es möglich gemacht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, was diese vier jungen Redakteurinnen eigentlich zum 9-Euro-Ticket zu sagen haben. Hier zitiere ich die vier jungen Redakteurinnen aus der Neuen Osnabrücker Zeitung von gestern. Dazu gab es ein interessantes Interview mit den vier Damen.

Dort heißt es: „In einer Fragestunde soll im Landtag auch über die Zukunft des Tank-Rabatts und des 9-Euro-Tickets diskutiert werden.“ Also unser jetzt aktueller Tagesordnungspunkt. „Das betrifft direkt die Lebenswelt der Jugendlichen. Ronya Richter“ – eine der vier Redakteurinnen – „sagt, dass das 9-Euro-Ticket eine gute Möglichkeit für Menschen sei, um mobil zu sein, insbesondere in den Ferien. ‚Normale Zugtickets sind für Jugendliche oft zu teuer.‘ Über die Geschehnisse im Landtag werden die vier jungen Frauen Berichte für die neue Onlineschülerzeitung der BBS Schölerberg schreiben.“

Ich bin gespannt auf die Berichterstattung über den heutigen Tagesordnungspunkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus Sicht der betroffenen Jungredakteurinnen ist die Sache also völlig klar: Das 9-Euro-Ticket muss weitergeführt werden, in welcher Form auch immer. Ein landesweites Jahresticket zu günstigen Preisen, wie es der DGB und der BUND gestern gemeinsam gefordert haben, deckt sich offensichtlich mit den Ansprüchen junger Leute an einen preiswerten und ökologischen SPNV und ÖPNV. Es ist unsere Aufgabe im Landtag, aber auch insbesondere der Bundesregierung, hier zu einer finanziell tragfähigen Anschlusslösung zu kommen. Ich bin gespannt, was die nächsten Monate dort noch diskutiert wird.

Einen kritischen Punkt im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket will ich allerdings auch noch ansprechen. Die SPD-Fraktion erwartet eine baldige Lösung in einem aktuellen Konflikt zwischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Althusmann, dem ich an dieser Stelle meine Genesungswünsche aussprechen möchte – er kann coronabedingt heute leider nicht hier sein –, und der Deutschen Bahn AG.

Es geht um die Frage, ob auch auf der für Touristen hoch interessanten Intercity-Strecke zwischen Bremen und Norddeich Mole das 9-Euro-Nahverkehrsticket eben gelten soll oder nicht. Normalerweise sind Intercity-Züge vom 9-Euro-Ticket ausgenommen. Für die Strecke zwischen Bremen und Norddeich gilt hier aber eine Sonderregelung. Dort gelten nämlich auch Nahverkehrsfahrscheine. Jetzt hat aber die Deutsche Bahn dafür, dass das 9-Euro-Ticket auch hier gelten soll, eine Mehrforderung von sage und schreibe 5,2 Millionen Euro geltend gemacht. Dies hat Herr Minister Althusmann selbstverständlich und auch folgerichtig zurückgewiesen.

Ich sage Herrn Althusmann aber auch, der uns jetzt möglicherweise im Fernsehen zusieht: Ich verstehe Ihren Ärger über das Verhalten der Bahn und kann ihn nachvollziehen. Ich fordere Sie aber auch im Namen der SPD-Fraktion auf, weitere Nachverhandlungen zu führen. Denn viele Menschen wollen gerade in den Sommerferien einen Abstecher zu den Ostfriesischen Inseln machen. Die Nachfrage der Touristen auf dieser Strecke ist besonders groß.

Aus meiner Sicht haben wir keine Zeit mehr. Hier muss schnell gehandelt werden. Gegenwärtig nehme ich in den Gesprächen mit der Deutschen Bahn AG aber eher einen Stillstand wahr.

Herr Althusmann, finden Sie eine Lösung! Der SPD-Arbeitskreis Wirtschaft und Verkehr wird Sie bei der Lösungsfindung sicherlich sehr gerne unterstützen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, auch wenn es keine 17 Minuten waren.