29. Juni 2022
Mobilitätswende zum Gelingen bringen
Radwege, ÖPNV und SNPV massiv ausbauen – weg vom Verbrenner
Videomitschnitt der Rede
Beim Klicken auf das Bild wird ein externer Link zu YouTube aufgerufen. Es gelten die dortigen Datenschutz-Bestimmungen.
Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Mobilitätswende ist Teil der sozial-ökologischen Transformation unserer Industriegesellschaft, um die Folgen des Klimawandels abzumildern und vor allen Dingen einzugrenzen. Neben der Beheizung unserer überwiegend älteren Wohnhäuser, die den Energiestandards der 60er‑, 70er‑ und 80er‑Jahre entsprechen, ist der Verkehrssektor einer der größten Emittenten von CO2. Deswegen ist die angesprochene Mobilitätswende unabdingbar und absolut notwendig. Ich glaube, so weit besteht in diesem Hause große Einigkeit.
Als SPD-Fraktion stehen wir allerdings für ein Gesamtverkehrssystem, das die einzelnen Verkehrsträger dort einsetzt, wo sie ihre jeweiligen Vorteile haben und ausspielen können. Das Auto, Frau Hamburg, ist im ländlichen Raum mangels Alternativen zurzeit immer noch der Verkehrsträger Nummer eins. Deshalb macht es keinen Sinn, das Auto an dieser Stelle zu verteufeln. Denn wir sind Industrieland, und das wollen wir auch bleiben. Wir sind Autoland, und auch das wollen wir in Niedersachsen bleiben. Immerhin sind nämlich 250 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit der Produktion und Nutzung des Automobils verbunden.
Damit wir aber Auto- und Industrieland bleiben können, muss die Transformation in der Automobilindustrie gelingen. Ein Scheitern dieses Transformationsprozesses können wir uns schlicht nicht leisten, wenn wir die Industriearbeitsplätze an der Stelle erhalten wollen.
Der Weg ist also klar vorgezeichnet: Weg vom Verbrenner, hin zur reinen Elektromobilität. VW geht da aus unserer Sicht und im Interesse der dort Beschäftigten den richtigen Weg, nämlich zu versuchen, unsere Klimaschutzziele einerseits zu erreichen und andererseits zugleich unsere wirtschaftliche Entwicklung und unsere Prosperität durch unsere Industriearbeitsplätze abzusichern. Beides wird in Einklang gebracht: die wirtschaftliche Entwicklung und unsere Klimaschutzziele.
Damit dieser Transformationsprozess gelingt, brauchen wir natürlich die Wasserstoffproduktion, und wir brauchen die Batteriezellenfertigung hier am Standort in Niedersachsen sowie einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur, woran auch auf allen Ebenen gearbeitet wird. Daneben ist ein massiver Ausbau des SPNV und auch des straßengebundenen ÖPNV Gelingensvoraussetzung für die Transformation.
In den Ballungszentren muss darüber hinaus die Infrastruktur für den Radverkehr verbessert werden, denn auf der 5‑km-Distanz – das ist einfach so – ist das Rad dem Pkw, was die Schnelligkeit angeht, eindeutig überlegen – zumindest in den Städten. Aber auch im ländlichen Raum – darüber haben wir immer wieder diskutiert – können wir den Ausbau der Radwege vor allen Dingen an Landesstraßen forcieren und damit auch die Menschen dazu bewegen, aufs Rad umzusteigen und die Mobilitätswende zum Gelingen zu bringen.
Wir haben im Haushalt pro Jahr 10 Millionen Euro für den Radwegneubau und weitere 10 Millionen Euro für die Radwegsanierung bereitgestellt. Weitere 20 Millionen Euro stehen im COVID-Sondervermögen bereit. All das sind notwendige Investitionssummen, um den Radverkehr gerade im ländlichen Raum an Landesstraßen voranzubringen.
Uns fehlen allerdings häufig auch die Fachkräfte. Häufig ist nicht das Geld das Problem, sondern der Mangel an Planern und Fachkräften. Das ist aus meiner Sicht ein bisher noch ungelöstes Problem.
Wichtig sind aber eben auch massive Investitionen in den Schienenpersonennahverkehr und in den straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr, um die Alternativen zum Auto wirklich zu stärken. Das 9‑Euro-Ticket – das ist schon angesprochen worden – ist aus meiner Sicht ein voller Erfolg. Hier erfolgt seit mindestens einem Monat eine Abstimmung mit Füßen. Die Menschen fahren immer dann Bus und Bahn, wenn es für sie bezahlbar ist und wenn eben auch das Angebot stimmt. Wir brauchen also zweierlei: Erstens ein preiswertes ÖPNV- und SPNV-Ticket und zweitens natürlich ein ordentliches Fahrtenangebot im ländlichen Raum; und da haben wir noch erheblichen Nachholbedarf, das ist richtig.
Erst gestern Mittag haben der DGB und der BUND ein gemeinsames Impulspapier zur Landtagswahl 2022 hier vor den Säulen des Haupteingangsbereichs unseres Hohen Hauses den Fraktionen zur Diskussion vorgelegt. Ich habe mir das Papier angesehen. Wir als SPD-Fraktion begrüßen dieses Papier ausdrücklich, weil es unsere Bemühungen als SPD-Fraktion um die Mobilitätswende eindeutig unterstützt.
Was steht eigentlich in dem Papier drin? – Da stehen acht konkrete Forderung, von denen ich aus Zeitgründen – ich gucke gerade auf meine Uhr – nur drei nennen will.
Erstens ist eine Investitionsoffensive zugunsten von Zukunftsinvestitionen wie SPNV und ÖPNV durch öffentlich-öffentliche Partnerschaften von Bund, Land und Kommunen und durch den Niedersachsenfonds erforderlich, den wir bereits in unser niedersächsisches SPD-Landeswahlprogramm aufgenommen haben, um entsprechende Mittel für eine solche Investitionsoffensive überhaupt zur Verfügung zu haben. Dazu gehört die schon angesprochene Reaktivierung von Bahnstrecken. Dazu verweise ich mal auf den SPD- und CDU-Antrag, der unter Tagesordnungspunkt 20 – also zwei Tagesordnungspunkte später – hier im Hause diskutiert werden wird: Guckt mal alle rein! Guter Antrag, kann ich nur sagen!
In dem Papier wird eine Mobilitätsgarantie vorgeschlagen. Was ist eigentlich eine Mobilitätsgarantie? Was heißt das? Dort steht: „Jeder Ort muss von 5 Uhr morgens bis Mitternacht mindestens im Stundentakt erreichbar sein“, und das eben auch im ländlichen Raum. So die Forderung des DGB und des BUND. Das ist sicherlich eine erhebliche Herausforderung und gerade unter den heutigen Voraussetzungen bei uns nur schwierig erreichbar, am Ende – glaube ich – aber eine notwendige Investition.
Und last, but not least wird das landesweite Jahresticket für 1 Euro am Tag gefordert. Ich finde, die Diskussion um das 9‑Euro-Ticket zeigt, dass das schon mal die richtige Zielsetzung ist. Unsere Aufgabe hier im Landtag muss es sein, diese Finanzierung u. a. auch über einen NBank-Fonds oder über den Niedersachsenfonds sicherzustellen.
Letzter Punkt: Produktverantwortung. Eigentlich ein dauerhaftes Thema der SPD-Landtagsfraktion hier im Hause. Das Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes ist zu verändern, um Tariftreue zur Voraussetzung öffentlicher Vergaben zu machen, um gerade die öffentlichen Bus- und Bahnunternehmen zu fördern, die gute Löhne zahlen und die wir für das Gelingen dieser Verkehrswende dringend brauchen.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.