27. Oktober 2016

Rede zur Transparenz bei den Gehältern der Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsorgane

Videomitschnitt der Rede

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Text der Rede

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ziel des Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion ist es, dem besonderen Informationsanspruch der Öffentlichkeit bei öffentlichen Unternehmen Rechnung zu tragen. Es soll für mehr Transparenz bei den Gehältern der Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsorgane sorgen. Die Chefgehälter in den Unternehmen mit Landesbeteiligung sowie in den Sparkassen Niedersachsens sollen künftig offengelegt werden.

Dies soll für Unternehmen des privaten Rechts gelten, an denen das Land unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich beteiligt ist. Bei Minderheitsbeteiligungen von mindestens 25 Prozent soll auf eine Veröffentlichung der Bezüge zumindest hingewirkt werden. Gleiches soll für die Niedersächsischen Sparkassen gelten. Hier soll der Träger, im Regelfall also die Kommunen, über seine jeweiligen Verwaltungsratsmitglieder darauf hinwirken, dass die Vorstandsgehälter und die Vergütungen der Aufsichtsratsmitglieder veröffentlicht werden.

Im Kern gilt es also abzuwägen zwischen dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Transparenz bei Geschäftsführungsgehältern öffentlicher Unternehmen und Sparkassen, da es immer auch um die zweckentsprechende Verwendung öffentlicher Mittel geht, und andererseits dem Recht der betroffenen Unternehmensvorstände und Mitglieder von Kontrollgremien, wie Aufsichts- und Verwaltungsräte, auf informationelle Selbstbestimmung.

Oder anders ausgedrückt: Was ist höher zu bewerten? Die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Vorstände oder der Anspruch der Öffentlichkeit auf Transparenz?

Beim ersten Lesen des Gesetzentwurfs habe ich mir verwundert die Augen gerieben. Stammt dieser doch sehr weitgehende Gesetzentwurf tatsächlich von der FDP-Landtagsfraktion hier im Hause, die sich doch sonst immer als Hüterin der individuellen Freiheitsrechte versteht und sich auf die Bürgerrechte beruft?

Erst gestern hat sich die FDP für das Recht auf freie Fahrt für freie Bürger mit dem Golf GTI stark gemacht und für das Recht auf Spaß in einer Spaßgesellschaft, als es um mögliche Einschränkungen des Autoverkehrs im Zusammenhang mit zu hohen Emissionswerten ging.

Und heute will die FDP diese individuellen Bürgerrechte, wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, auf dem Altar der weitestgehenden Transparenz opfern?

Stünde nicht als Antragsteller die FDP-Landtagsfraktion auf dem Gesetzentwurf, könnte man beim ersten Lesen tatsächlich glauben, der Gesetzentwurf stamme von der sozialistischen Linkspartei in ihrem Kampf gegen das internationale Kapital.

Vielleicht war mir der FDP Gesetzentwurf beim ersten Lesen gerade deshalb so sympathisch?

Aber im Ernst: Bei genauerer Betrachtung wirft der Gesetzentwurf mehr Fragen als Lösungen auf. Wir werden diese offenen Fragestellungen im Haushaltsausschuss intensiv erörtern und einer Klärung zuführen.

Natürlich ist die Fragestellung, ob ich mehr Transparenz, mehr Klarheit und mehr Informationen für die Öffentlichkeit über die Höhe von Geschäftsführervergütungen will, mit einem klaren JA zu beantworten, wenn man das Thema politisch betrachtet. Und ich hatte ja bereits gesagt, dass ich persönlich große Sympathien für diesen scheinbar sozialistischen Gesetzentwurf der Liberalen hier im Hause habe.

Allerdings muss der politischen Debatte auch eine rechtliche Diskussion folgen. Geht das Ganze rechtlich überhaupt, was die FDP hier will? Ist es möglicherweise sogar verfassungswidrig? Mit diesen Fragen werden wir uns im Haushaltsausschuss näher beschäftigen müssen. Wir werden auf jeden Fall eine intensive Anhörung der Betroffenen im Haushaltsausschuss beantragen.

Lassen Sie mich auf ein paar Fragestellungen bereits heute näher eingehen. Die FDP begründet ihren Wunsch nach mehr Transparenz damit, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch hierauf habe, da öffentliche Unternehmen aus Steuergeldern finanziert würden, bei denen die öffentliche Hand zur Existenz beitrage oder für die die öffentliche Hand das unternehmerische Risiko des unternehmerischen Handelns trage.

Aber ist das wirklich so? Werden bspw. Sparkassen aus Steuergeldern finanziert? Hält der Träger Anteile am Kapital? Haftet der Träger? Als Verwaltungsratsmitglied der Sparkasse Osnabrück kann ich diese Fragen verneinen.

Das Finanzministerium in Mecklenburg-Vorpommern bejaht diese Fragestellungen allerdings.

Bei den Diskussionen im Finanzausschuss des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern vertrat das Finanzministerium ausweislich der Landtagsdrucksache 6/5336 die Auffassung, dass Sparkassen zweifellos öffentlich-rechtliche Unternehmen seien, die von der öffentlichen Hand bezahlt würden.

Sie würden zwar selbst das Geld in der Region erwirtschaften, seien aber durch das Sparkassengesetz geschützt. Außerdem hätten sie einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen und seien rechenschaftspflichtig. Trotz der Erwirtschaftung eigener Gelder sei hier Transparenz erforderlich, da diese Mittel die Beschäftigten als Angestellte eines öffentlich-rechtlichen Instituts erwirtschafteten.

Bei der Frage nach den öffentlichen Geldern sei ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei den Sparkassen um ein Vermögen handele, das über einen Zeitraum von 200 Jahren angehäuft worden sei und ursprünglich Geld der öffentlichen Hand gewesen sei.

Die Gewährträgerhaftung sei zwar 2015 endgültig ausgelaufen, jedoch werde im Sparkassengesetz bestimmt, was mit den Mitteln zu geschehen habe. Es gebe dennoch eine faktische Einstandspflicht.

Eine Kommune werde einer von ihr getragenen Sparkasse in einer finanziellen Notlage entsprechende Hilfen wohl eher nicht verwehren.

Eine interessante Einschätzung des Finanzministeriums von Mecklenburg-Vorpommern.

Bei Kapitalgesellschaften ist im Anhang des Jahresabschlusses die Gesamtvergütung des Geschäftsführungsorgans anzugeben. Bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft sind zusätzlich unter Namensnennung die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds anzugeben.

Genau diese Regelung gilt aufgrund der Ausnahmevorschriften des HGB für Sparkassen nicht. D. h. sie sind bundesgesetzlich nicht verpflichtet, die Vorstandsbezüge offen zu legen.

Da es sich hier um Regelungsgegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung handelt und der Bund durch das HGB von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, sind die Möglichkeiten für den Landesgesetzgeber, eigene Regelungen zu treffen, begrenzt.

Die Sparkassen können tatsächlich nicht verpflichtet werden, die Vorstandsbezüge offenzulegen. Lediglich auf den Träger der Sparkassen kann entsprechend gesetzlich eingewirkt werden, in dem eine gesetzliche Regelung geschaffen wird, dass der Träger auf die Offenlegung hinwirkt.

Ob das rechtlich tatsächlich haltbar ist, wird die Diskussion im Haushaltsausschuss zeigen. Es gibt jedenfalls berechtigte Zweifel, ob eine solche Regelung rechtlich haltbar ist.

Ich bin da auf die Ausführungen des GBD gespannt.

Die Verwaltungsratsmitglieder der Sparkassen sind jedenfalls vom kommunalen Träger rechtlich unabhängig und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Wenn der Träger nun auf die Verwaltungsratsmitglieder hinwirken soll, ist dies nur im Wege der Ausübung von Druck auf die Verwaltungsratsmitglieder möglich, damit diese den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds ändern. Insofern besteht ein Widerspruch zwischen der Hinwirkungspflicht des Trägers und der Gewissensfreiheit der Verwaltungsratsmitglieder, der nicht so einfach aufgelöst werden kann.

Ich freue mich auf die Beratungen im Haushaltsausschuss wo wir diese Fragestellungen werden klären müssen.

Vielen Dank.