12. März 2016

Rede auf dem Programmparteitag der Osnabrücker SPD

Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Genossinnen und Genossen,

am 11. September entscheiden die Osnabrückerinnen und Osnabrücker, wie sich das Oberzentrum Osnabrück in Zukunft entwickelt und vor allem wer entscheidenden Einfluss auf diese Entwicklung nimmt. Als Sozialdemokraten haben wir in der Vergangenheit bewiesen, dass wir die bestimmende Kraft im Rathaus sind, die Osnabrück vorangebracht hat. Diesen Anspruch erheben wir auch in Zukunft und vor allem nach dem 11. September.

Wir wollen ein lebenswertes Oberzentrum, in dem die Osnabrückerinnen und Osnabrücker sich wohlfühlen und hier gerne leben. Dazu gehört ein Oberzentrum mit hoher Lebensqualität, deshalb ist es wichtig, dass wir allen Osnabrückerinnen und Osnabrückern bezahlbaren Wohnraum anbieten können – im Interesse der hier arbeitenden Menschen, die einen Anspruch auf bezahlbaren Wohnraum haben, genauso wie Flüchtlinge oder Alleinerziehende oder Familien mit Kindern.

Das Mitgliederbasisvotum hat eine klar erkennbare Präferenz. Die übergroße Mehrheit unserer Mitglieder fordert – völlig zu Recht – die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Die Ratsfraktion arbeitet schon sehr lange an diesem Thema und hat dazu erste Schritte im Rat unternommen, um tatsächlich wieder ein Steuerungsinstrument für den Osnabrücker Wohnungsmarkt zu erhalten.

Um zu bezahlbarem Wohnraum für alle zu kommen, brauchen wir aber ein Bündel von Maßnahmen. Dazu gehört auch die Ausweisung zusätzlichen Baulands für mindestens 3000 WE, vorwiegend im Geschosswohnungsbau, um den sozialen Wohnungsbau in Osnabrück wieder anzukurbeln. Das Land hat dazu ein 400 Mio. Euro Förderprogramm für den sozialen Wohnungsbau aufgelegt, das wir nutzen werden.

Dazu gehört aber auch die Einführung der Mietpreisbremse und Kappungsgrenze bei Bestandsmieten. Die Landesregierung hat sich dafür ausgesprochen, diese Instrumentarien auch für Osnabrück anzuwenden.

Wer das Oberzentrum Osnabrück lebenswert gestalten will, der muss aber auch dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen für die arbeitenden Menschen in dieser Stadt und die Osnabrücker Wirtschaft verbessert werden. Deshalb ist für uns als Sozialdemokraten das Thema „Gute Arbeit“ auch in Osnabrück eine zentrale Forderung.

Wir wenden uns gegen Dumpinglöhne und die weitere Zunahme von Leiharbeit und kämpfen für die Einhaltung des Tariftreue- und Vergabegesetzes sowie des Mindestlohns. Da wo wir Verantwortung tragen, werden wir auch weiterhin dafür sorgen, dass es genügend und auch attraktive Ausbildungsplätze bei der Osnabrücker Stadtverwaltung gibt, um jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu geben und auch dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

In der Stadt Osnabrück beträgt der Anteil des produzierenden Gewerbes etwa 21%, 79% entfallen auf das Dienstleistungsgewerbe, den Einzelhandel und die Osnabrücker Hochschulen. Auch wenn der Strukturwandel in der Osnabrücker Wirtschaft ungebrochen ist, d. h. also der tertiäre Sektor, also der Dienstleistungsbereich und die Hochschulen das Wirtschaftsleben stark dominieren, darf nicht übersehen werden, dass das produzierende Gewerbe in Osnabrück überdurchschnittlich stark zur Wertschöpfung in Osnabrück beiträgt.

So leben viele unternehmensnahe Dienstleister von den Aufträgen aus der Industrie und wegen der überdurchschnittlich hohen Entgeltzahlungen hat die Industrie bzw. das produzierende Gewerbe eine hohe Bedeutung für die Einkommensentwicklung der Beschäftigten. Ich sage hier nur die Stichworte: rd. 2000 Beschäftigte bei KME, 900 bei Schoeller oder 2300 bei VW. Für diese Firmen und die dort Beschäftigten sind die Rahmenbedingungen wichtig, die auch die Osnabrücker Kommunalpolitik setzt. Dazu gehören der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Bereitstellung zusätzlicher Gewerbeflächen und eine wirtschaftsfreundliche Verwaltung mit schnellen Genehmigungsverfahren.

Deshalb werden wir den Bebauungsplan zum Güterbahnhofsgelände als reines Gewerbegebiet vorantreiben, da wir dort kleinteilige Gewerbebetriebe ansiedeln wollen, um zusätzliche Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen. Nicht der Bau überdimensionierter sog. Gemeindezentren von weltfremden Vereinen wie der Lebensquelle ist unser Ziel, sondern die Entwicklung dieser für die weitere Stadtentwicklung so wichtigen innerstädtischen Fläche vor den Toren des Schinkel zu einem attraktiven Gewerbegebiet.

Neben dem eher traditionellen Sektor des produzierenden Gewerbes müssen wir auch den Dienstleistungsstandort Osnabrück mit seinem starken innerstädtischen Einzelhandel und die Osnabrücker Hochschulen in den Fokus stellen. Rund drei Viertel der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze entfallen auf den Dienstleistungssektor, einschließlich Hochschulen und Verwaltung.

Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Hochschulen muss eine zentrale Aufgabe auch der Osnabrücker Kommunalpolitik werden. Für die Gewinnung junger Fachkräfte hat Osnabrück als Hochschul- und Wissenschaftsstandort eine erhebliche Bedeutung und ist für alle Branchen ein wichtiger Standortfaktor. Die beiden Osnabrücker Hochschulen mit insgesamt 25.000 Studierenden bilden gleichzeitig einen der größten Arbeitgeber in der Stadt mit rd. 2500 Beschäftigten. Projekte wie das Wissenschaftskolleg am Ledenhof und der Bau des Studierendenzentrums im Schlossgarten werden daher von uns unterstützt.

Der innerstädtische Einzelhandel mit seinen etwa 8000 Beschäftigten in der Stadt wird durch die maßgeblich von uns vorangebrachte Entwicklung des Neumarkts profitieren. Das Einkaufscenter wird kommen, für weitere Arbeitsplätze in einer Größenordnung von 800 Vollzeiteinheiten sorgen und aufgrund seiner Größe und Attraktivität so viel Strahlkraft in das Osnabrücker Umland entwickeln, dass wir hier in Osnabrück zusätzliche Umsätze und Kunden generieren, von der der gesamte Einzelhandel in Osnabrück profitieren wird.

Der Centerinvestor wird hier in Osnabrück etwa 130 Mio. Euro investieren, das ist die größte Einzelinvestition in Osnabrück seit 1945 und ich finde es beschämend, dass die Osnabrücker CDU und ihr Oberbürgermeister bisher alles daran gesetzt haben, diese für Osnabrück so positive Entwicklung zu verhindern. Es waren bisher die Sozialdemokraten in dieser Stadt, die dieses für die Einzelhandelsentwicklung in Osnabrück so wichtige Projekt vorangebracht, aber dem Investor im städtebaulichen Rahmenvertrag auch klar die Bedingungen und den Rahmen vorgegeben haben, unter denen dieses Projekt in Osnabrück realisiert werden kann. Die CDU und ihr Oberbürgermeister haben sich da in die Büsche geschlagen, liebe Genossinnen und Genossen, Verantwortung für Osnabrück sieht anders aus. Das alles setzt aber voraus, dass wir den Neumarkt so gestalten, dass er attraktiv für die Stadtbevölkerung ist.

Wir haben eine klare Vision: der Neumarkt muss autofrei sein, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und die Große Str. und die Johannisstr. zusammenwachsen zu lassen. Und spätestens wenn die Busse auf dem Neumarkt elektrisch betrieben werden, werden die letzten Kritiker erkennen, wie positiv diese Entwicklung am Neumarkt für die Stadt insgesamt ist.

Und liebe Genossinnen und Genossen, damit bin ich bei der städtischen Verkehrspolitik. Dem heutigen Parteitag liegt ein Initiativantrag vor, den mehrere Genossinnen und Genossen aus verschiedenen Ortsvereinen erarbeitet haben. Zentraler Bestandteil dieses Antrags ist, dass wir mit der Osnabrücker Bevölkerung im Rahmen einer breit angelegten Bürgerbeteiligungsoffensive unsere verkehrspolitischen Vorstellungen diskutieren. Die SPD tritt für ein gesamtstädtisches Mobilitätskonzept für Osnabrück ein. Wir brauchen eine verkehrliche Entlastung unserer Stadt insgesamt. Im Ergebnis der Bürgerbefragung zur Entlastungsstr. West kam der Wunsch nach einem alternativen Verkehrskonzept, nach einem Plan B ohne den Bau der Entlastungsstr. West zum Ausdruck.

Deshalb haben sich Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit SPD-Ratsmitgliedern, allen voran mit unserem verkehrspolitischen Sprecher Heiko Panzer und Roswitha Pieszek als Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses, in vielen Sitzungen und runden Tischen vor Ort engagiert, um eine Lösung für die Verkehrsproblematik herbeizuführen. Das Ergebnis dieses Verkehrskonzepts ist nicht zufriedenstellend, da mit dem erarbeiteten Verkehrskonzept Westerberg nur Teile des Westerbergs entlastet werden, eine Verkehrsverdrängung zu Lasten anderer Stadtteile stattfindet und die gesamtstädtische Verkehrssituation nicht davon profitiert.

Wir werden deshalb unsere Vorstellungen eines gesamtstädtischen Verkehrskonzepts, das neben

  • der Sperrung des Neumarkts für den motorisierten Individualverkehr,
  • einem LKW-Durchfahrtsverbot durch die Stadt Osnabrück nach dem erfolgten Lückenschluss der A33-Nord durch den Bund,
  • auch eine Umfahrungsmöglichkeit der Stadt Osnabrück im Westen der Stadt mit Anschluss an die A33 im Osten

beinhaltet, im Rahmen einer breit angelegten Bürgerbeteiligungsoffensive mit den Osnabrückerinnen und Osnabrückern erörtern und diskutieren.

Diese erneute Bürgerbeteiligung soll durch Bürgerversammlungen, Bürgerforen und Runde Tisch mit der Osnabrücker Stadtbevölkerung erfolgen, damit im kritischen Dialog deutlich wird, wie die Stadt Osnabrück zukünftig sinnvoll vom Verkehr entlastet werden kann, ohne dass die Mobilitätsbedürfnisse eingeschränkt werden.

Nach Durchführung dieser breit angelegten und intensiven Verkehrsdiskussion werden wir die gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie Verkehrsexperten erarbeiteten Verkehrslösungen mit Umfahrungsmöglichkeiten der Osnabrücker Innenstadt im Rat zur Abstimmung stellen.

Liebe Genossinnen und Genossen, ich komme zum Schluss:

  • Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, mehr sozialen Wohnungsbau und eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft.
  • Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen und sichere Arbeitsplätze.
  • Wir brauchen gute Voraussetzungen für Unternehmen und eine starke Wirtschaft.
  • Wir brauchen ein attraktives Oberzentrum, was durch die Ansiedlung des neuen Einkaufscenters, einen verkehrsberuhigten Neumarkt und eine nachhaltige und ökologische Verkehrspolitik befördert wird.
  • Wir brauchen eine Stadt in der sich alle Menschen zu Hause fühlen, gleich welcher Rasse, Nationalität oder Herkunft.

Liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns gemeinsam anpacken und dafür kämpfen, dass wir für diese Zielsetzungen eine sozialdemokratische Mehrheit im Rathaus am 11. September bekommen. Ich danke Euch.