9. November 2023
Rede zur LKW-Maut
Plenarrede vom 9. November 2023
Videomitschnitt der Rede
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Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein lieber Herr Najafi, schon der Titel Ihrer Aktuellen Stunde „Deutschland schafft sich ab“, aber erst recht Ihr unterirdischer Redebeitrag ist eine einzige Provokation für dieses Hohe Haus. Das will ich Ihnen einmal sagen.
Außer Ängste schüren, lächeln, auf den Tisch hauen und ‑ um in Ihrer Sprache zu bleiben ‑ den Altparteien mal so richtig einen mitzugeben, haben Sie hier doch nichts zu bieten. Wo sind eigentlich Ihre Problemlösungen für den Klimaschutz, für das Problem von zu vielen Lkws auf deutschen Autobahnen? – Sie haben sich heute mal wieder als Klimawandelleugner profiliert. Sie haben wieder deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie vom Klimawandel gar nichts halten und dass Sie das immer noch nicht verstanden haben.
Übrigens, Herr Najafi, ich habe in letzter Zeit sehr häufig an Sie gedacht. Sie werden sich wundern. Jeden Abend gucke ich die Tagesschau und muss jedes Mal an Sie denken, Herr Najafi, wenn ich den Wetterbericht sehe, wenn ich wissen will, wie das Wetter morgen ist. Dort haben wir letztens drei schöne Kurven gesehen. Eine Kurve war die Erderwärmung im Durchschnitt der letzten 50 Jahre, dann wurde darüber die Kurve der Erderwärmung in 2022 gelegt und dann kam die Erderwärmung in 2023. Fest steht: Das Jahr 2023 wird das heißteste Jahr seit Aufzeichnung der Erderwärmung. Ich glaube, dass Sie das nicht mehr länger leugnen sollten.
Wo sind also Ihre Lösungsansätze für diese Erderwärmung? Wo sind Ihre Lösungsansätze für die Verkehrs- und Energiewende? – Außer heißer Luft produzieren Sie hier gar nichts. Unterstellen wir einmal, es gäbe die Klimakrise nicht. Ich mache Ihr Spiel mal mit. Wir leugnen jetzt mal die Klimakrise. Sind Sie eigentlich schon einmal auf einer deutschen Autobahn gewesen? Ich habe Sie letztens übrigens in ihrem komischen Bulli, den Sie da von der AfD haben, überholt.
Was ist denn auf der deutschen Autobahn los? Wenn Sie eine zweispurige Autobahn haben, dann zeichnet sich das in der Regel durch ein Elefantenrennen aus. Auf der linken Spur fährt ein Lkw mit 92 km/h, auf der rechten einer mit 90 km/h, und der Berufspendler ist genervt und fährt stundenlang hinterher. Bei dreispurigen Autobahnen sind die rechte und die mittlere Spur mittlerweile blockiert durch Lkws, die linke Spur ist voll.
Was will ich damit eigentlich sagen? Selbst wenn wir die Klimakrise nicht hätten, müssten wir uns überlegen, was wir gegen diese vielen Lkws auf den deutschen Straßen machen. Denn wenn wir diesen Wirtschaftsstandort stärken wollen, dann brauchen wir natürlich ‑ der schöne Spruch lautet: „Güter gehören auf die Schiene“ ‑ die Maut, die die Bahninfrastruktur in nächster Zeit mitfinanzieren wird.
Sie blenden das alles aus, Herr Najafi. Und wenn ich ehrlich bin: Ich denke nicht nur beim Wetterbericht über Sie nach, sondern ich habe letztens den Film Titanic gesehen, und Sie erinnern mich ein bisschen an dieses Musikorchester auf der Titanic.
Die haben nämlich bis zum Schluss gespielt; selbst als das Wasser bis zum Knie reichte, haben sie immer noch weitergespielt. So verhalten Sie sich hier in Sachen Klimaschutzfragen, meine Damen und Herren.
Ich gebe ja zu: In einem Punkt haben Sie recht ‑ Sie können ja mal zuhören, Herr Najafi ‑: Ja, die Bahn ist heute noch nicht in der Lage, sämtlichen Güterverkehr aufzunehmen. Genauso haben wir keine Alternativen in großer Zahl zum Diesel-Lkw. Aber wann wollen Sie denn eigentlich mal anfangen mit dem Umsteuern? Wir müssen doch irgendwann einmal anfangen, um hier den CO2-Gehalt in der Luft zu reduzieren, und dazu trägt die Maut natürlich bei.
Und im Übrigen, um die Kirche im Dorf zu lassen: Ich habe das mal ausgerechnet. Bei einem REWE-Markt hier in Hannover kostet eine Kiste Herri ‑ 30 Flaschen à 0,33 l ‑ 16,99 Euro. Herr Wissing sagt, 0,1 % des Verkaufspreises entfallen auf die Maut. Das wären 2 Cent pro Kiste. Wenn Sie ein bisschen im Netz recherchieren, sehen Sie, dass da von 2 % bis 5 % Transportkosten gesprochen wird, die Einfluss auf den Verkaufspreis haben. Selbst wenn ich 5 % ansetze, komme ich am Ende auf 85 Cent pro Kiste. Sie sollten sich mal überlegen, ob diese 85 Cent ‑ ich glaube, die Zahl ist noch zu hoch gegriffen ‑ es nicht wert sind, um in Sachen Klimaschutz etwas zu leisten.
Aber im Kern, meine Damen und Herren ‑ jetzt will ich mal zum Kern Ihrer Aktuellen Stunde kommen ‑, geht es Ihnen doch um etwas ganz anderes. Das haben wir doch an Ihrem Wortbeitrag gemerkt. Es geht Ihnen doch gar nicht um den Klimaschutz oder um die Maut. Es geht Ihnen schlicht und einfach wieder einmal darum, sich als Verbraucherschützer und als Anwalt des kleinen Mannes zu profilieren.
Und das lasse ich Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren. Das lasse ich Ihnen nicht durchgehen.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, Ihr seltsames, spärliches Landtagswahlprogramm anzugucken und auch Ihr komisches Grundsatzprogramm. Wissen Sie, was Sie alles vorhaben in Sachen Verbraucherschutz und Schutz des kleinen Mannes? Sie wollen die Grunderwerbsteuer abschaffen, Sie wollen die Grundsteuer abschaffen, Sie wollen selbst die Gewerbesteuer abschaffen, Sie wollen die Erbschaftssteuer abschaffen und die Vermögensteuer nicht wieder einführen.
Wissen Sie, was das ist? Das ist nicht Politik für den kleinen Mann, das ist Politik für die reichen Erben à la Quandt und Dr. Oetker. Das ist Ihre Politik. Das ist bestimmt nicht die Politik des kleinen Mannes.
Und finanzieren wollen Sie den Wegfall dieser Steuern übrigens über die Umsatzsteuer und über ‑ und jetzt hören Sie mal gut zu ‑ eine sogenannte Kopfsteuer, nämlich die berühmte Kirchhofsche Bierdeckelsteuerreform. Sie haben nämlich ein Problem mit dem linear-progressiven Einkommensteuertarif, der uns nach wie vor nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert. Sie wollen eine Kopfsteuer, und die belastet natürlich die kleinen Leute viel mehr als die Oetkers und die Quandts. Vielleicht nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis.
Es gibt übrigens auch schöne Berechnungen im Netz, die zeigen, dass Sie Politik gegen Ihre eigenen Wähler machen. Leider wählen die Arbeiter und die Arbeitslosen Sie überproportional.
Aber Ihre Steuerpolitik führt genau dazu, dass diese sogenannten kleinen Leute mehr belastet werden, und nicht die Oetkers und nicht die Quandts.
Zum Thema Mindestlohn und paritätische Finanzierung der Krankenversicherung ‑ Stichwort „Mitbestimmung“ ‑ habe ich im letzten Plenum gezeigt, dass Sie sich auch da arbeitnehmerfeindlich verhalten. Im Übrigen haben Sie gegen das Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie gestimmt.
Sie haben auch gegen unseren Antrag zum Werkvertragsverbot in der Paketbranche gestimmt. Wir wollten zum Schutz der Arbeitnehmer eine 20-kg-Begrenzung einführen. Da haben Sie gesagt: Das ist der Untergang der Branche. – So viel also zur Arbeitnehmerfreundlichkeit Ihrer Politik.
Letzter Satz: Sie sind nicht nur einfach arbeitnehmerfeindlich, Sie sind neoliberal und am Ende gesichert rechtsextrem, wie der Verfassungsschutz in Thüringen und Sachsen-Anhalt Ihnen mal wieder bescheinigt hat.