14. August 2017

Wie der Wählerwille im Landtag ins Gegenteil verkehrt wurde

Was sich momentan im Landtag abspielt, mutet an wie eine politische Posse, ist aber skurrile Realität: Offenkundig aus purem Frust darüber, in ihrem Wahlkreis nicht wieder aufgestellt worden zu sein, tritt eine Abgeordnete bei den Grünen aus und nimmt ihr Mandat zur CDU mit. Damit hat Elke Twesten nicht nur die Mehrheitsverhältnisse im Landtag verändert und vorgezogene Neuwahlen erzwungen – sie sorgt bittererweise auch dafür, dass das Vertrauen der Menschen in die Politik sinkt.

Man mag behaupten, dass es ein legitimer Vorgang war, die Partei zu wechseln und dass es dem Gewissen der Abgeordneten freigestellt ist. Ja. Vielleicht. Aber Frau Twestens Gewissen scheint sich ausschließlich an ihren eigenen Karrierechancen zu orientieren und dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Dass Frau Twesten ihre eigene Karriere ohne Rücksicht auf Verluste über ihre politischen Ziele gestellt hat, ist für mich unbestreitbar: Sie hat nicht nur dafür gesorgt, dass vorgezogene Neuwahlen den regulären Betrieb im Landtag gerade völlig lahmlegen. Sie sorgt auch dafür, dass zahlreiche Gesetzesvorhaben der rot-grünen Landesregierung nicht mehr beschlossen und umgesetzt werden können, weil nun die notwendige Mehrheit fehlt. Und ironischerweise handelt es sich bei einem der Gesetze um eine Neuauflage des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes, kurz NGG. Es sollte insbesondere die Einstellungs- und Aufstiegschancen von Frauen in den Verwaltungen des Landes und der Kommunen stärken. Dieses Gesetz, für das sich Frau Twesten bisher stark engagiert hat, fällt nun hinten über, weil sie es mit ihrer neuen Partei und der nun schwarz-gelben Mehrheit im Landtag nicht mehr umsetzen kann. Man fragt sich beinahe, ob Frau Twesten überhaupt länger darüber nachgedacht hat, zu welcher Partei sie eigentlich übertritt.

Mit keinem einzigen inhaltlichen Argument begründete Frau Twesten ihren Schritt in der anberaumten Pressekonferenz, aus der sie dann auch eiligst wieder herausgeholt wurde. Stattdessen spekulierte sie ganz offen auf mögliche Posten bei der CDU, vielleicht im Bundestag, vielleicht im Europäischen Parlament… Kollegen zufolge sprach sie schon vor Wochen von „unmoralischen Angeboten der CDU“ – aber von solchen Lockangeboten der CDU will man dann plötzlich nichts mehr wissen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Für mich ist es einfach nur erschreckend, wie sehr dort die eigene Karriere vor die politischen Ideale gestellt wurde. Durch einen offenbar lange geplanten und in Hinterzimmern vorbereiteten Vorgang wird das Wahlergebnis ignoriert und es werden eigenmächtig neue Mehrheiten geschaffen. Und plötzlich werden bei der CDU Rücktrittsforderungen an Ministerpräsident Stephan Weil laut, während die CDU selbst gerade im Verdacht steht, sich die Mehrheit durch Postenversprechen erkauft zu haben. Für mich ist das ein skandalöser Vorgang.

Umso wichtiger ist es, dass unser Ministerpräsident Stephan Weil deutlich gemacht hat, dass er solchen Intrigen nicht weichen wird. Jetzt haben die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen das Wort und sind am 15. Oktober 2017 aufgefordert, die grobe Missachtung des Wählerwillens zu korrigieren. Die SPD hat sich einstimmig für rasche Neuwahlen ausgesprochen, um danach wieder eine stabile Regierung unter Führung unseres Ministerpräsidenten Stephan Weil bilden zu können. Wir wollen uns weiterhin für die Menschen in unserem Land stark machen und für unsere politischen Ideale eintreten – Machtspielchen und Postengeschacher zulasten des Wählerwillens erteilen wir eine klare Absage!