15. Mai 2024
Rede zur Verkehrswende im Güterverkehr
Plenarrede vom 15. Mai 2024
Videomitschnitt der Rede
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Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Thiemann, was für ein Feuerwerk, was für eine Rede! Ich muss schon sagen: Geht es nicht ein bisschen weniger? Plagiatsvorwürfe – wir hätten Ihren Antrag abgeschrieben – also, ich muss wirklich schmunzeln.
Es ist ja nicht das erste Mal. Ich bin es ja gewohnt, dass die CDU-Fraktion mir applaudiert und auf den Bänken steht, wenn ich spreche. Ich habe einmal ganz bewusst beide Anträge mitgebracht. Frau Thiemann, bei aller Liebe: Wir sind hier im Parlament und nicht im Kindergarten. Sie haben so stolz darauf verwiesen, dass Sie den Antrag im Dezember eingereicht haben und wir im April mit einem sogenannten Plagiatsantrag gekommen sind.
Ich möchte mal auf Folgendes hinweisen: Sie beschäftigen sich hier mit einem auf Bundesebene abgeschlossenen Vorgang. Am 11. Dezember, dem Zeitpunkt, an dem Ihr Antrag eingereicht worden ist, war das Mautgesetz auf Bundesebene längst beschlossen, nämlich am 23. November. Das heißt, Sie waren damals schon zu spät. Im Übrigen handelt es sich hier um ein nicht zustimmungspflichtiges Bundesgesetz, was nichts anderes gemacht hat, als eine EU-Richtlinie in geltendes nationalstaatliches Recht umzusetzen. Und jetzt tun Sie so, als wenn Sie die Welt im Dezember neu erfunden hätten!
Frau Thiemann, ein Vorschlag zur Güte: Haben Sie unseren Antrag mal gelesen? Natürlich sind wir in weiten Teilen mit Ihnen einer Meinung. Ich komme gleich auf die Unterschiede zu sprechen. Aber in weiten Teilen haben wir eine gleiche Auffassung. Wir haben in unserem Änderungsantrag versucht, die Unterschiede herauszuarbeiten und gleichzeitig die Gemeinsamkeiten zu betonen.
Im Gegensatz zu Ihnen beginne ich mal mit den Gemeinsamkeiten:
Klar ist, die Logistikbranche ist ein echter Jobmotor, einer der wichtigsten Jobmotoren in diesem Land. Wir haben da in Niedersachsen 250 000 Arbeitsplätze. Deswegen ist sie für die Landesregierung wichtig. Die Landesregierung hat sich sehr wohl ‑ Sie haben gerade unterstellt, sie habe das nicht getan ‑ für die wirtschaftlichen Belange des Speditionsgewerbes eingesetzt.
Sie haben auf die Bundesratsinitiativen hingewiesen. Das Thema war im Bundesrat, obwohl es, ich wiederhole mich, ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz ist. Die Landesregierung hat im Bundesrat auch einen Teilerfolg erzielt. Der Bundesrat hat nämlich auf Initiative dieser Landesregierung beschlossen, dass die Maut nicht zu unzumutbaren Verbrauchspreiserhöhungen führen darf, dass die Versorgung des ländlichen Raumes nicht gefährdet werden darf und dass die Logistikbranche nicht über Gebühr belastet wird. Dem ist der Bund nicht gefolgt, und er hat dort nun einmal die abschließende Gesetzgebungskompetenz.
Dennoch mutet Ihr Antrag seltsam an, Frau Thiemann. Wenn ich mir die Vergangenheit angucke, stelle ich erst mal fest: Sie waren auf Bundesebene auch nicht zimperlich. Als die CDU noch die Bundesregierung geführt hat, ist die Maut massiv erhöht worden. Da haben Sie auch keine anderen Initiativen entwickelt.
Natürlich ist zu Ihrer Zeit die Maut erhöht worden. Im Übrigen weise ich in diesem Zusammenhang scherzhaft darauf hin, dass das berühmte Desaster des Andi Scheuer zur Ausländermaut zeigt, wie Sie mit der Maut und den Verbrauchern in diesem Land umgehen. Da brauchen wir von Ihnen keine Belehrungen. Ein Stück weit reiten Sie nun einmal ein totes Pferd.
Dennoch sind wir mit Ihnen natürlich der Meinung – jetzt komme ich noch einmal zu den Gemeinsamkeiten –, dass die Doppelbelastung aufgrund der CO2-Maut und des CO2-Emissionshandels und die dadurch eingetretene Energiekostenverteuerung sehr unglücklich ist. Darauf hat die Landesregierung versucht einzuwirken, hat es aber auf Bundesebene noch nicht erfolgreich verhandeln können. Deshalb beauftragen wir mit unserem Änderungsantrag ja auch unseren Minister, noch einmal mit dem Bund nachzuverhandeln. Gucken wir mal, ob dabei etwas herauskommt.
Im Übrigen möchte ich mit Blick auf Ihre Panikmache auf Folgendes verweisen: Der Bundesverkehrsminister Volker Wissing – in Klammern: FDP – hat sehr deutlich darauf hingewiesen, dass keine exorbitant steigenden Endverbraucherpreise zu erwarten sind, da die Maut an den Transportkosten lediglich einen Anteil von 0,1 % ausmacht. Von daher ist das eine gewisse Panikmache, die wir hier alle nicht ganz nachvollziehen können.
Die neue Regelung führt allerdings – da bin ich ja wieder bei Ihnen – zu zusätzlichen Kosten in der Branche. Deshalb ist es sinnvoll – auch da haben wir eine Gemeinsamkeit –, durch die Bundesregierung noch einmal prüfen zu lassen, ob für eine begrenzte Zeit biogene Kraftstoffe, E-Fuels usw. als Übergangstechnologie vor allen Dingen für Bestandsfahrzeuge und, solange notwendige alternative Technologien noch nicht in Masse vorhanden sind, mautmindernd berücksichtigt werden können. Hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Deswegen sollte es, wie in unserem Antrag formuliert, für eine begrenzte Übergangszeit möglich sein, dass auch schadstoffärmere Lkw, die nicht Elektro-Lkw darstellen, noch zu vernünftigen Kosten betrieben werden können.
Die regierungstragenden Fraktionen im Bund haben ihren Koalitionsvertrag in der Tat nicht umgesetzt, weil dort zu lesen ist, dass die Doppelbelastung auszugleichen ist. Das haben sie nicht gemacht. Deswegen fordern wir in unserem Antrag, dass zumindest das Förderprogramm für Nutz- und Sonderfahrzeuge auch im Schwerlastverkehrsbereich nicht gekürzt wird, sondern weiter fortgeführt wird. Auch da sind wir, glaube ich, einer Meinung. Der Bund sollte hier nachbessern.
Übrigens sind auch wir ‑ auch da haben wir eine Gemeinsamkeit ‑ natürlich nicht mit den 200 Euro pro Tonne CO2 einverstanden. Österreich ist da einen anderen Weg gegangen. Die haben sich an den Mindestsätzen der EU-Vorgaben orientiert. Da ist unser Antrag sogar weitestgehend deckungsgleich mit dem Ihrigen. Insofern verstehe ich gar nicht, warum Sie sich darüber aufregen.
Was ich aber grundsätzliche anders sehe, und das lassen Sie mich sehr deutlich sagen: Güter gehören auf die Bahn! Ihr Punkt 5 ist mit uns nicht verhandelbar. Natürlich ist es aus Klimaschutzgründen richtig, eine CO2-Maut einzuführen und einen Teil, nämlich 50 %, der Mautmehreinnahmen in die Schieneninfrastruktur zu stecken.
Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal auf einer Autobahn waren. Bei einer dreispurigen Autobahn ist die rechte Spur mit Lkws dicht, die mittlere zum Teil auch, bei einer zweispurigen Autobahn haben Sie ein Elefantenrennen. Wir haben da riesige Probleme.
Deswegen: Güter gehören auf die Bahn! Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Bahn das im Augenblick noch nicht in Gänze leisten kann. Aber wann wollen Sie denn mal anfangen, klimapolitisch umzusteuern und die Maut nach klimaökologischen Aspekten zu erheben?
Mit dem neuen Mautgesetz wird darüber hinaus eine wichtige Finanzierungsquelle für die Verkehrsinfrastruktur stabilisiert. Wir erzielen Mehreinnahmen, um sowohl die Straße als auch den Güterfernverkehr auf der Schiene stärker auszubauen. Es kann doch nur im Sinne aller sein, dass es immer weniger Lkw auf den Straßen gibt. Und deswegen ist es absolut richtig, dass die Maut zukünftig zur Hälfte auch in die Schieneninfrastruktur und eben nicht nur in den Straßenbau fließt.
Das ist genau der Unterschied zu Ihrem Antrag. Deswegen konnten wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen, sondern haben einen eigenen Antrag und eine eigene Aufforderung an unseren Minister verfasst, hier noch einmal auf den Bund einzuwirken.
Meine Damen und Herren, trotz aller berechtigten Detailkritik am Mautgesetz dienen die Mautregelungen einerseits dem Klimaschutz und andererseits der Finanzierung der Infrastruktur – und vor allen Dingen der Deutschen Bahn, die im Bereich des Güterschienenverkehrs noch einen erheblichen Nachholbedarf hat. Ich glaube, auch darauf können wir uns eigentlich verständigen. Ich weiß nicht, warum Sie den Punkt 5 da aufgeführt haben.
Vielen Dank.