30. November 2022
Unterstützung für Krankenhäuser in der aktuellen Krise
Redebeitrag im Sonderplenum am 30.11.2022
Videomitschnitt der Rede
Beim Klicken auf das Bild wird ein externer Link zu YouTube aufgerufen. Es gelten die dortigen Datenschutz-Bestimmungen.
Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Es ist keine Frage: Die finanzielle und vor allen Dingen personelle Lage der Krankenhäuser in Niedersachsen ist angespannt. Krankenhäuser stehen, natürlich, unter enormen wirtschaftlichem Druck, was leider häufig auf dem Rücken des häufig überlasteten Personals ausgetragen wird. Deswegen will ich an dieser Stelle zunächst einmal dem Krankenhauspersonal meinen Dank aussprechen und deutlich machen, dass es Corona-bedingt zurzeit Unfassbares leistet – und auch noch in Zukunft leisten wird. Vielen Dank dafür!
Warum aber ist die Lage der Krankenhäuser so angespannt? – Nicht, Herr Lechner, weil Bund und Land die Krankenhäuser im Regen stehen lassen würden, sondern weil die Finanzierung der Krankenhausleistungen über das DRG-System und den sogenannten Landesbasisfallwert schlicht nicht auskömmlich ist. Das ist in der Vergangenheit so gewesen und wird auch in Zukunft so sein.
Mit dem Landesbasisfallwert werden beispielsweise die Krankenhausleistungen mit den Kostenträgern abgerechnet, und dieser Landesbasisfallwert – den wir übrigens nicht gesetzlich festlegen, sondern der im Rahmen der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens mit den Krankenkassen ausgehandelt wird – ist schlicht zu gering. Die Steigerung 2022 betrug 2,3 %, für 2023 beträgt sie voraussichtlich 4,3 %.
Aber die inflationsbedingten Sachkostensteigerungen – bei dieser Feststellung sind wir uns ja durchaus einig – beispielsweise in den Bereichen medizinischer Bedarf und Lebensmittel beträgt alleine 9 bis 10 %. Das heißt, das Ganze ist nicht mehr auskömmlich. Wir haben einen Fachkräftemangel in der Pflege. Darüber haben wir schon häufiger gesprochen. Woran liegt das? Natürlich an der schlechten Bezahlung – es gibt immer noch keinen Tarifvertrag Pflege, der bundesweit Gültigkeit hat – und vor allen Dingen an Arbeitsbedingungen, die viele Kolleginnen und Kollegen in der Pflege nicht mehr akzeptieren wollen.
Dass nicht genügend Pflegepersonal vorhanden ist, führt dazu, dass nicht alle medizinischen Leistungen erbracht werden können. Ärztliche Leistungen können nicht erbracht werden. Hier fehlen Umsätze, weil es ohne Pflegekräfte nun einmal nicht geht. Auch der hohe Krankenstand der Pflegekräfte aufgrund von Corona-Infektionen und die damit verbundene Quarantänezeit verschlimmern die Situation, da das vorhandene Personal nur eingeschränkt einsetzbar ist. In Corona-Zeiten waren, beispielsweise bedingt durch das Freihalten von Bettenkapazitäten für Corona-Fälle, elektive Eingriffe, also normale Operationen, nur eingeschränkt möglich oder wurden verschoben. Auch das führt zu Umsatzausfällen bei gleichbleibender Kostenbelastung durch Fixkosten und Personal.
Letzter Punkt: Natürlich stellen die Energiekosten der Krankenhäuser im Bereich Strom und Gas eine enorme Kostenbelastung dar. Deswegen sind wir uns ja auch einig: Bund und Land müssen hier unterstützen. Nur, lieber Herr Lechner, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU: Der Titel Ihres Antrags zur Aktuellen Stunde ist natürlich wieder mal sehr reißerisch gewählt. Ich finde, er wird der Situation in den Krankenhäusern überhaupt nicht gerecht.
Zum einen hat der Bund ein Hilfsprogramm vorgelegt. Ich frage mich ohnehin, warum wir hier im Landtag über ein Bundesprogramm streiten. Aber sei’s drum. Also, der Bund hat ein Hilfsprogramm aufgelegt, die sogenannte Härtefallregelung über 8 Milliarden, um die gestiegenen Kosten der Krankenhäuser aufzufangen. Ich finde, lieber Herr Kollege Thiele: 8 Milliarden Euro sind nicht gerade wenig. Also auch hier ist Ihre These von „im Regen stehen lassen“ zumindest gewagt.
Allerdings muss ich die Bundes-Härtefallregelung zumindest in einem Punkt ebenfalls kritisieren. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf festgelegt, vieles einfacher und vieles schneller zu machen, es also einfach zu machen. Hier schaue ich auch in Richtung des Kollegen Watermann, der genau das immer wieder sagt: Einfach machen!
Auf Seite 92 des Koalitionsvertrags haben wir uns zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen bekannt. Dort heißt es: „Übermäßige Bürokratie bindet Ressourcen, die an anderen Stellen dringend benötigt werden. Wir werden uns von daher auf Bundesebene für eine Entbürokratisierung im Gesundheitswesen einsetzen.“
Nur: Unbürokratisch ist die Härtefallregelung des Bundes gerade nicht. Es soll zwar für die mittelbaren Kostensteigerungen im Rahmen von Pauschalen abgerechnet werden. Aber die Hilfen für die direkten Energiepreissteigerungen – also Preissteigerungen für Strom und Gas direkt – sollen relativ umständlich aufgrund konkreter Antragstellungen durch die Krankenhäuser von den Ländern bewilligt und ausgezahlt werden. Und es soll noch eine Spitzabrechnung durch die Länder erfolgen. All das ist bürokratisch. Das kann man einfacher machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn die ohnehin belasteten Krankenhäuser werden hier weiter belastet, und auch den Ländern wird hier systemwidrig etwas aufgebürdet, wofür eigentlich kein Landespersonal vorhanden ist. Das Ganze ist übrigens deswegen systemwidrig, weil es eigentlich nicht Aufgabe der Länder ist, sondern die gesetzliche Krankenversicherung als Kostenträger zuständig ist.
Dennoch, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, tun Sie gerade so, als hätten Sie die letzten fünf Jahre nicht regiert. Was haben wir denn die letzten fünf Jahre gemeinsam hier beschlossen? Wir haben ein Sondervermögen in Milliardenhöhe für die MHH und für die Universitätsmedizin Göttingen beschlossen. Wir haben zur Unterstützung des Abbaus des Sanierungsstaus bei den übrigen Krankenhäusern hier in Niedersachsen den Ansatz von jährlich 120 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro angehoben. Das alles scheint auf Ihrer Seite nach 21 Tagen rot-grüner Regierung schon vergessen zu sein. Das ist aber erst wenige Wochen her. Natürlich ist der Sanierungsstau in Niedersachsen enorm. Wir brauchen mehr Investitionsmittel. Aber, meine Damen und Herren, lieber Kollege Reinhold Hilbers, wer hat denn in den letzten fünf Jahren den Finanzminister gestellt? Warum haben Sie nicht deutlich mehr Mittel für den Abbau des Investitionsstaus bereitgestellt? Das hätten Sie doch machen können!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Kritik an dieser Stelle ist schlicht unglaubwürdig. Als Christdemokraten sollten Sie den schönen Jesus-Spruch kennen: Wenn einer mit einem Finger auf einen anderen zeigt, dann werden immer drei Finger derselben Hand auf ihn zurück zeigen. Das sollten Sie sich mal zu Gemüte führen!
Mit dem Nachtragshaushalt, den wir heute noch, in einer Stunde, diskutieren werden, werden wir zusätzliche Investitionsmittel für Krankenhäuser und für das Sondervermögen bereitstellen. Wir haben 52 Millionen Euro für Krankenhausinvestitionen vorgesehen. Das zeigt, liebe Christdemokraten: Hier im Hause, um mit dem reißerischen Titel Ihres Antrages zu enden, kann von „im Regen stehen lassen“ nun wirklich keine Rede sein.
Vielen Dank.