30. September 2016
September & Oktober 2016: Rückblick auf die Betriebs- und Personalrätekonferenz am 28. September 2016
Großen Zuspruch fand auch in diesem Jahr wieder die von der AfA und mir organisierte Betriebs- und Personalrätekonferenz. 130 Betriebsräte, Personalräte, Mitarbeitervertreterinnen und Mitarbeitervertreter aus Osnabrück und dem Landkreis folgten unserer Einladung und nahmen an der Konferenz teil.
In den Räumlichkeiten der Sparkasse Osnabrück begrüßte uns Frank Lewek vom Personalrat der Sparkasse. In seiner Begrüßung fand er lobende Worte für die Umsetzung des NPersVG, des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes. Er betonte, dass das Gesetzgebungsverfahren gut verlaufen sei und dass durch das NPersVG substanzielle Verbesserungen für die Sparkassen erreicht werden konnten. In einem anderen Punkt, den er ansprach, nämlich der aktuellen Geldpolitik der EZB und ihren Auswirkungen auf die Banken und Sparkassen und deren Beschäftigte, sieht Frank Lewek aktuell dringenden Handlungsbedarf. Hier bot er der Politik ausdrücklich das Gespräch an, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Seitens der AfA hieß Melanie Degen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz willkommen, insbesondere die Betriebs-, Personalräte und Mitarbeitervertreter, die sich in den Unternehmen – manchmal „zwischen Baum und Borke“ – für die Belange der Beschäftigten einsetzen. Sie ging auch auf das Engagement der AfA ein und betonte, dass es Ziel von AfA, Gewerkschaften und Politik sein müsse, eine Arbeitsgemeinschaft wie die AfA überflüssig zu machen, also dafür zu kämpfen, dass Arbeitnehmerrechte ohne Wenn und Aber berücksichtigt werden. Dabei spielen auch starke Gewerkschaften eine große und wichtige Rolle.
Aus aktuellem Anlass ging es danach um das Thema Betriebsratsgründung. Maiko Schulz, Gewerkschaftssekretär bei ver.di, ging auf den derzeit laufenden Prozess der Betriebsratsgründung im Osnabrücker Unternehmen Kaffee Partner ein. Er rügte, dass die Wahlen zum Betriebsrat dort nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, unverzüglich stattfinden, sondern verzögert werden und mutmaßte, ob es im Betrieb Angst vor betrieblicher Demokratie gebe. Er sprach sich vehement dafür aus, dass Demokratie in Betrieben nicht verhindert werden solle.
Die gleiche Zielrichtung hatte auch die im Anschluss an Maiko Schulz‘ Beitrag vorgestellte Resolution der AfA Region Osnabrück, die sich unter der Überschrift „Mehr Mitbestimmung wagen!“ für ordentliche Bedingungen in den Betrieben bei Betriebsratswahlen ausspricht und Betriebsleitungen ganz generell dazu auffordert, Wahlverfahren bei Betriebsratswahlen nicht zu behindern. Das Recht auf betriebliche Interessenvertretung darf nicht beschnitten werden. Per Akklamation wurde die Resolution von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung angenommen.
Bevor dann unser Gastredner Stephan Weil auf das Thema Gute Arbeit zu sprechen kam, stellte ich in meinem Redebeitrag grundsätzlich dar, welche Ziele wir in Niedersachsen mit der rot-grün geführten Landesregierung in den letzten dreieinhalb Jahren bereits erreichen konnten. Ein wichtiger Schritt beim Kampf gegen Dumpinglöhne war die Einführung des Mindestlohns. Schon vor der bundesweiten Einführung hat die rot-grün geführte Landesregierung durch das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz dafür gesorgt, dass die öffentliche Auftragsvergabe mit Beginn des Jahres 2014 neu geregelt wird. Das Gesetz hat dafür gesorgt, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die sich tariftreu verhalten bzw. sich dazu verpflichten, einen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde zu zahlen.
Parallel dazu hat die Landesregierung unmittelbar nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen gemeinsam mit anderen Bundesländern einen Gesetzentwurf für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro in den Bundesrat eingebracht, der seit Beginn des Jahres 2015 deutschlandweit gilt. Damit wurde im Bund 2015 flächendeckend umgesetzt, was in Niedersachsen schon ein Jahr vorher für die öffentliche Auftragsvergabe galt.
Ebenfalls im Bundesrat hat sich Niedersachsen als Mitantragssteller im Rahmen eines Entschließungsantrags für Gute Arbeit starkgemacht. Wichtiger Punkt des Beschlusses ist die Sicherstellung des Equal-Pay-Grundsatzes in der Leiharbeit: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Dieser Grundsatz muss auch in der Leiharbeit gelten, spätestens nach einer kurzen Einarbeitungszeit. Auch bei der Bekämpfung von Werkvertragsmissbrauch ist in Niedersachsen dank Rot-Grün einiges passiert – wenngleich es noch immer einiges zu tun gibt. Indiz dafür ist das Beratungsnetzwerk für mobile Beschäftigte, das das Land niedersachsenweit eingerichtet hat. Die Beratungsstellen fungieren als zentrale Anlaufstellen für ausländische mobile Beschäftigte, die in Niedersachsen tätig sind. Sie leisten präventive Aufklärungsarbeit und informieren über Arbeitnehmerrechte in Deutschland. Insgesamt wurden an allen Standorten über 3.000 Personen beraten und über 6.000 Beratungsgespräche geführt. In über 200 Fällen wurden Arbeitsgerichtsverfahren eingeleitet. Die Zahlen zeigen, dass dieses Beratungsangebot nicht nur notwendig ist, sondern auch angenommen wird.
Ministerpräsident Stephan Weil betonte in seinem Redebeitrag, wie wichtig Treffen wie die von uns veranstaltete Betriebs- und Personalrätekonferenz sind. Nicht nur aufgrund der gemeinsamen historischen Wurzeln sei eine enge Zusammenarbeit zwischen der SPD und den Gewerkschaften wichtig und müsse gepflegt werden, genauso wie der regelmäßige Austausch mit den Betriebsräten, Personalräten und Mitarbeitervertretern vor Ort. Er sprach sich dafür aus, dass die SPD ihre Rolle als Partei der Arbeit wieder stärker betonen müsse, denn damit setzen wir uns deutlich von den anderen Parteien ab. Arbeit, so Stephan Weil, sei auch eine Frage der Würde, denn es gehe nicht nur um reine Beschäftigungszahlen, es gehe darum, dass die Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen und anständige Arbeitsplätze haben. Mit der Durchsetzung des Mindestlohns sei es der SPD gelungen, die vorher herrschende Inflation von Dumpinglohn- Jobs einzuschränken. Eine große Gruppe von Menschen – in Niedersachsen, aber auch bundesweit – verdiene dank des Mindestlohns nun deutlich mehr Geld als vorher.
Wichtigen Handlungsbedarf in der Politik sieht Stephan Weil insbesondere bei der Deregulierung des Arbeitsmarktes, der sich durch befristete Arbeitsplätze, Praktika und prekäre Beschäftigung in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt habe. Auch der Prozess, dass die Bindungskraft von Tarifgemeinschaften immer weiter zurückgehe, müsse gestoppt werden. Andrea Nahles sei hier auf Bundesebene auf einem guten Weg.
In Niedersachsen sei eine der ersten Maßnahmen der rot-grünen Landesregierung, namentlich unseres Arbeitsministers Olaf Lies, und des Landtags gewesen, das Tariftreue- und Vergabegesetz zu beschließen und so dazu beizutragen, dass öffentliche Aufträge mit gutem Gewissen vergeben werden können. Im Bereich der Leiharbeit und des Werkvertragsmissbrauchs sei noch einiges zu tun. Stephan Weil führte aus, dass Leiharbeit mittlerweile weit darüber hinausgehe, wofür sie ursprünglich eigentlich gedacht war: das Abfangen von Auftragsspitzen. Stattdessen führe sie teilweise dazu, dass in den Betrieben Zwei-Klassen-Gesellschaften existieren, aufgeteilt in die Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmer. Hier muss der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten.
Auch der Einsatz von Werkverträgen ufere teilweise aus. Arbeitnehmer werden über Werkverträge angestellt und in den normalen Arbeitsablauf in den Betrieben eingegliedert – aber rechtlich sind sie der Stammbelegschaft nicht gleichgestellt. Diesem Zustand muss entgegengewirkt werden. Stephan Weil betonte, dass wir mehr Mitbestimmungsrechte in den Betrieben brauchen, wenn es darum geht, welche Menschen im Betrieb tätig sind, auch um dem Krebsgeschwür von Scheinselbstständigkeit entgegenzutreten.
Und der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse auch im Kontext der Geschlechtergerechtigkeit gelten. So betonte der Ministerpräsident, dass es nicht akzeptabel sein kann, dass Frauen bei gleicher Arbeit im Schnitt 21,5 % weniger verdienen als Männer. Er sprach sich daher vehement dafür aus, dass sich die SPD für ein Lohngleichheitsgesetz einsetzen müsse.
Auch die Punkte Digitalisierung und den damit zwangsläufig folgenden Wandel der Arbeitsplätze, die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in den Bereichen Pflege und Erziehung und das Thema Ausbildung sprach Stephan Weil in seinem Vortrag an, bevor wir in eine allgemeine Aussprache- und Diskussionsrunde überleiteten. In der Diskussion wurden viele wichtige Themen angesprochen. Es ging beispielsweise um das kirchliche Arbeitsrecht, um den Mindestlohn, um tarifliche Bezahlung und die Konkurrenz von Firmen, die sich nicht an Tarifverträge binden. Besonders hervorheben möchte ich den Beitrag der IG Metall-Jugend, die mit sechs Vertretern anwesend war und die Wichtigkeit einer Novellierung des Berufsbildungsgesetzes, des BBiG, betonte. Wichtige Punkte und Forderungen, die die Vertreterinnen und Vertreter der IG Metall-Jugend ansprachen, waren eine existenzsichernde Ausbildungsvergütung, eine rechtliche Grundsicherung im dualen Studium und die Lehr- und Lernmittelfreiheit.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich für das große Interesse an der Konferenz bedanken. Die zahlreichen Anwesenden und die rege Teilnahme an der Diskussionsrunde zeigen aufs Neue, wie wichtig und wie sinnvoll es ist, dass Politik, Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte, Mitarbeitervertreterinnen und Mitarbeitervertreter zum gemeinsamen Austausch zusammenkommen. Herzlichen Dank für das große Interesse an der Veranstaltung!