17. April 2013
Rede zur Besoldungsanpassung im öffentlichen Dienst und Übertragung des Tarifergebnisses
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die Regierungsfraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen bringen heute einen Gesetzentwurf zur Besoldungsanpassung im Beamten und Versorgungs-bereich ein, der die erste Stufe der Tarifeinigung im öffentlichen Dienst auch auf Beamtinnen und Beamte eins zu eins überträgt.
Wir kommen damit unserer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nach und sorgen dafür, dass die Dienst- und Versorgungsbezüge an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse angepasst werden. Wir setzen damit ein klares Signal für eine gerechte und angemessene Besoldung, da wir in Zeiten des demografischen Wandels und dem drohenden Fachkräftemangel für einen attraktiven öffentlichen Dienst eintreten, um auch in Zukunft noch genügend Bewerberinnen und Bewerber für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst zu finden.
Von den 15 in der Tarifgemeinschaft der Länder vertretenen Bundesländern, das CDU geführte Hessen hat sich dieser Solidargemeinschaft der Länder leider 2004 durch Austritt entzogen, haben allerdings bisher lediglich drei Länder das Tarifergebnis eins zu eins auf den Beamtenbereich übertragen. Neben Niedersachsen sind dies die Länder Hamburg und – man höre und staune – auch Bayern.
Ich denke, wir befinden uns da in guter Gesellschaft mit dem roten Hamburg und dem schwarzen Bayern, denn es kann doch nicht ernsthaft gewollt sein, dass zwei Mitarbeiter, die die gleiche Arbeit leisten, unterschiedlich bezahlt werden, nur weil sie Angestellte oder Beamte sind.
Denn gleiche Arbeit muss auch gleich bezahlt werden. Dieser Grundsatz muss endlich auch in Niedersachsen wieder gelten.
Leider wird dieser Grundsatz von vielen Bundesländern missachtet. Seit Jahren wird bei der Besoldung von Beamtinnen und Beamten die Tarifentwicklung nur eingeschränkt nachvollzogen.
Zwischen den Ländern bestehen heute Unterschiede in der Bezahlung der Beamtinnen und Beamten von bis zu 15%. Das die Föderalismusreform 2006 die Besoldungskompetenz bei den Beamtinnen und Beamten den Ländern übertragen hat, hat sicherlich auch seinen Teil zu dieser unguten Entwicklung beigetragen.
Aber auch die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung war nicht zimperlich, wenn es darum ging, die Arbeitsbe-dingungen im öffentlichen Dienst zu verschlechtern. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde erhöht, das Weihnachts-geld komplett gestrichen, die Leistungszulagen nie ausgezahlt, obwohl die Kolleginnen und Kollegen sich diese selbst erkaufen mussten, durch Streckung der ursprünglich alle 2 Jahre steigenden Alterszulagen auf jetzt 2 bis 4 Jahre, durch weiteren Stellenabbau und nicht zuletzt auch durch erhebliche Kürzungen bei den Beihilfeleistungen.
Das waren sicherlich keine Maßnahmen den öffentlichen Dienst attraktiv zu machen und die drohende Abwanderung qualifizierter Fachkräfte in die Privatwirtschaft zu verhindern. SPD und Grüne leisten heute einen kleinen Beitrag diese Negativentwicklung im öffentlichen Dienst zu korrigieren, in dem sie der Forderung der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes auf Übertragung des Tarifergebnisses auf den Beamten- und Versorgungsbereich nachkommen.
Das der Bund der Steuerzahler als Vorfeldorganisation einer am Manchesterkapitalismus orientierten FDP die Übernahme des Tarifergebnisses auf den Beamten-bereich ablehnt, überrascht mich nicht wirklich, liegt es doch in der Tradition des Bundes der Steuerzahler Gehaltszuwächse im öffentlichen Dienst zu geißeln.
Herr Zentgraf als Vorsitzender des niedersächsischen Bundes der Steuerzahler verkennt in diesem Zusammenhang allerdings, wie wichtig es in Zeiten des demografischen Wandels und des drohenden Fachkräftemangels ist, gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte bspw. in der Steuerverwaltung zu halten, um Steuergerechtigkeit herzustellen und Steuerflucht wirksam zu bekämpfen.
Gerade für die niedersächsischen Steuerbeamtinnen und –beamten ist es heute schon sehr lukrativ auf die Seite der Wirtschaftprüfer und Steuerberater zu wechseln, da sie dort deutlich mehr verdienen können.
Der öffentliche Dienst in Niedersachsen ist im Übrigen eine zentrale Infrastruktureinrichtung dieses Landes. Ohne eine funktionierende Steuer-, Straßenbau- oder auch Umweltverwaltung, wäre es den Unternehmen in diesem Lande gar nicht möglich, Gewinne zu erwirtschaften. Denn ein funktionierender öffentlicher Dienst ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wirtschaftliches Handeln privaten Unternehmertums in einem für alle gleich geltenden Ordnungsrahmen überhaupt stattfinden kann.
Ich will andererseits aber auch nicht verschweigen, dass uns die Entscheidung zur Übernahme des Tarif-ergebnisses auf den Beamtenbereich nicht leicht gefallen ist. Die Tarifeinigung und deren Übernahme für alle Beschäftigtengruppen wird den Landeshaushalt mit insgesamt rd. 278 Mio. € belasten.
Die gegenüber der bisherigen Veranschlagung erforderlichen rd. 69 Mio. € sollen innerhalb des Personalhaushaltes erwirtschaftet werden.
Ich frage mich allerdings schon, warum die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung bei der Aufstellung des Haushaltsplans die notwendigen Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst lediglich mit 2% angesetzt hat, wo doch jeder wusste, dass man mit einem derartig niedrigen Ansatz niemals hinkommen würde. Mit vorausschauender und sorgsamer Finanzplanung hatte der schwarz-gelbe Haushaltsentwurf für den Doppelhaushalt 2012 / 2013 offensichtlich wenig zu tun.
Dies gilt im Übrigen auch für die finanziellen Rahmen-bedingungen, die die schwarz-gelbe Vorgängerregierung uns hinterlassen hat, um die Übernahme des Tarifergebnisses auf den Beamtenbereich überhaupt bezahlen zu können. Die im Haushaltsplan 2013 veranschlagte Nettokreditaufnahme von 620 Mio. € zuzüglich die vorgesehene Rücklagenentnahme von 283 Mio. € und schlussendlich die 295 Mio. €, die die HanBG laut Haushaltsplanentwurf für die Übernahme von Anteilen an der Nord/LB zahlen soll und die auch nur kreditfinanziert werden können, macht in der Summe betriebswirtschaftlich betrachtet einen Handlungsbedarf von rd. 1,2 Mrd. € aus, den uns die schwarz-gelbe Vorgängerregierung überlassen hat.
In einer solchen Situation, aus den guten Gründen die ich genannt habe, das Tarifergebnis auf den Beamten-bereich zu übertragen, ist angesichts dieser finanziellen Rahmenbedingungen als mutig und sportlich zu bezeichnen.
Wir werden deshalb nach einem Kassensturz des Finanzministeriums bei den Haushaltsberatungen für 2014 in aller Ruhe entscheiden müssen, ob wir die zweite Stufe des Tarifabschlusses ebenfalls für den Beamtenbereich übernehmen können.
Dies würde noch einmal zu Mehrausgaben gegenüber den bisher veranschlagten Mitteln in Höhe von 170 Mio. € führen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf zwei Punkte hinweisen, die ich bisher nicht genannt, die der rot-grünen Koalition aber wichtig sind.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf erfolgt auch die Umsetzung der verfassungsrechtlich gebotenen Vorgaben hinsichtlich der Unteralimentation kinderreicher Beamtenfamilien sowie zur gesetzlichen Gleichstellung eingetragener Labenspartnerschaften.
Ich verweise diesbezüglich auf Artikel 1 Abs. 3 mit dem der Familienzuschlag für das dritte und jedes weitere Kind noch einmal erhöht wird und auf Artikel 4 mit dem die eingetragenen Lebenspartnerschaften im Besoldungs-, Versorgungs- und Beihilferecht bereits rückwirkend zum 1. August 2001 mit Ehen gleichgestellt werden.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.