7. Juli 2021

Rede zur Aktuelle Stunde zum Thema Smart Mobility

Plenarsitzung vom 7. Juli 2021

Videomitschnitt der Rede

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Text der Rede

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Handelsstandort Innenstadt ist besonders in Oberzentren wie Osnabrück, Hannover, Braunschweig und Oldenburg auf die gute Erreichbarkeit durch Kunden und Lieferverkehre angewiesen. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite der Medaille ist: Die Zunahme von Transportdienstleistungen, beispielsweise durch den zunehmenden Onlinehandel, bringt unser Verkehrssystem zunehmend an seine Grenzen und damit haben wir ein riesiges Problem, gerade in den Innenstädten. Deshalb brauchen wir in den urbanen Zentren aus meiner Sicht ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, das die Vorteile der jeweiligen Verkehrsträger dort einsetzt, wo sie am sinnvollsten eingesetzt werden können. Im ländlichen Raum, wo der öffentliche Nahverkehr naturgemäß nicht so gut ausgebaut ist, müssen dem Pkw Flächenanteile eingeräumt werden, und in den Innenstädten müssen verstärkt Flächenanteile dem Radverkehr und dem öffentlichen Nahverkehr eingeräumt werden.

Dabei sollten aus meiner Sicht aber die Autofahrerinnen und Autofahrer nicht verteufelt oder ein ideologischer Kampf gegen das Auto geführt werden, wie es der grüne Oberbürgermeister Belit Onay und seine grünen Mitstreiter im Augenblick in Hannover versuchen; denn eine Politik aus reiner Ideologie gegen das Auto macht keinen Sinn.

Meine Damen und Herren, als Volksvertreter sollte man, wie es so schön heißt, dem Volk gelegentlich aufs Maul schauen. Als ich heute Morgen, weil ich ein bisschen spät dran war, mit dem Taxi vom Courtyard-Hotel zum Landtag gefahren bin, hatte ich Gelegenheit, mit dem Taxifahrer aus Hannover genau darüber zu sprechen. Als er hörte, dass ich heute Morgen zu diesem Thema im Landtag sprechen darf, hat er mich inständig gebeten, dafür zu werben, dass diese grüne Geisterfahrt hier in Hannover endlich beendet wird.

Der junge Kollege weiß nämlich, wovon er redet. Er hat von Staus berichtet, von zusätzlichem CO2 und von vielen verärgerten Autofahrern, Pendlern, Berufspendlern, die nichts anderes machen als ihre Arbeit zu erreichen. Die kann man nicht verteufeln, weil sie das Automobil benutzen – weil es im Umland von Hannover keinen gut ausgebauten ÖPNV gibt.

In Osnabrück, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir jeden Morgen 60 000 Einpendler, die vom Landkreis Osnabrück in die Stadt fahren. Diese Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen ihre Arbeitsplätze und Einzelhandelsgeschäfte erreichen. Deshalb macht eine komplett autofreie Innenstadt aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn. Sie ist auch schlicht unrealistisch.

Was wir brauchen, ist ein gesamtstädtisches Verkehrssystem, das alle Verkehrsträger einschließlich des öffentlichen Nahverkehrs und des Fahrradverkehrs ertüchtigt und – jetzt kommt es – durch technische Innovationen wie Smart Mobility – ein neuer Begriff, den muss man erst lernen – unterstützt.

Die Benachteiligung des Individualverkehrs durch Fahrverbote ist aus meiner Sicht insoweit nicht zielführend. Die Politik muss Fördermaßnahmen ergreifen, um den Verkehrsinfarkt in der Tat in den Innenstädten zu beseitigen. Hierzu gehören aktuelle Citylogistikkonzepte, Erleichterungen bei der Genehmigung z. B. von Nachtanlieferungen, um den Verkehr tagsüber in Stoßzeiten zu entzerren und City Hubs, wo es gebündelte Warenlieferungen verschiedener Einzelhändler gibt, die zu einer besseren Verteilung der Warenströme in hochverdichteten Stadtbereichen führen.

457 000 Stunden standen deutsche Autofahrer 2017 durchschnittlich im Stau. – Nein, nicht in Hannover, in Deutschland. Das bilanzierte der ADAC letztes Jahr. Weltweit erfahren Städte großen Zuwachs an Einwohnern. Jeder von ihnen möchte natürlich zur Arbeit fahren, einkaufen gehen, die Kinder abholen und sich auch mit Freunden treffen. Das muss möglich sein. Im Zuge der bereits mehrere Jahrzehnte anhaltenden Urbanisierung, des Trends zurück in die Stadt, ist die Revolution unserer Mobilität nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine dringende Notwendigkeit.

Smart Mobility, meine Damen und Herren, ist kein Lösungsansatz, sondern die Zukunft. Dabei geht der Begriff „Smart Mobility“ weit über das autonome Fahren hinaus. Smart Mobility bedeutet die Vernetzung von Verkehrssystemen. Ähnlich wie im Smart Home werden auch bei der smarten Mobilität vorhandene Ressourcen möglichst stark vernetzt, um sie optimal aufeinander abzustimmen. Smart Mobility bedeutet, dass alle Transportarten zeit- und energieeffizient genutzt und kombiniert werden, ohne zwingend auch ein eigenes Verkehrsmittel wie das Auto besitzen zu müssen. Dabei müssen ausschließlich Mobilitätsketten organisiert werden. Wer als Berufspendler beispielsweise zunächst vom Umland aus sein Auto nutzt, um an den Stadtrand zu fahren, muss am Stadtrand einen Park-and-Ride-Parkplatz vorfinden, von dem er mit dem Schnellbus weiter in das Zentrum befördert wird, um dann die letzte Meile mit dem Leihfahrrad oder eben dem Elektroroller zurücklegen zu können.

Dabei verfolgt Smart Mobility im Prinzip drei große Ziele: erstens die Reisezeit von einem Ort zum anderen zu verkürzen, zweitens die Verkehrsmittel intelligent und effizient aufeinander abzustimmen, eben Mobilitätsketten zu organisieren, und drittens höchstmöglichen Komfort für alle Verkehrsteilnehmer zu garantieren.

Um smarte Mobilität zu gewährleisten, ist es notwendig, Unmengen an Daten zu erfassen. Das passiert gerade. Dazu gehören die Geschwindigkeit von Transportmitteln, das Verkehrsaufkommen, ein Scannen der Umgebung der Verkehrsmittel, persönliche Fahrstile von Personen – das fand ich auch interessant –, geografische Daten zur Steuerung und Koordinierung des Verkehrs. Autos und Mobiltelefone müssen im Prinzip ständig im Datenaustausch sein, um autonomes Fahren zu ermöglichen und einzelnen Nutzern den idealen Reiseweg anzubieten. Google ist dafür ein  Paradebeispiel.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Smart sein, bedeutet vernetzt zu sein, einen erheblicher Schritt in Richtung Komfort und Sicherheit und eben nicht einfach, so fantasielos wie in Hannover, die Innenstadt dichtzumachen, meine Damen und Herren. Städte wie Kopenhagen zeigen durch innovative Projekte, dass Smart Mobility längst keine Zukunftsmusik mehr ist, sondern Realität in unserem Leben von morgen.

Vielen Dank.