4. Dezember 2018
Rede zum Haushalt 2019 der Stadt Osnabrück
4. Dezember 2018
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
haushaltspolitisch setzt die SPD-Fraktion mit dem Haushalt 2019 vier Schwerpunkte:
- Gesunde Finanzen
- Gebührenfreie Bildung
- Sozialer Wohnungsbau und soziale Stadtentwicklung in Schinkel
- Kulturpolitik als Standortfaktor für unser Osnabrück
Der Haushalt 2019 ist solide finanziert. Hatten wir bereits im Jahresabschluss 2018 im Vorjahr einen Haushaltsüberschuss von rd. 15 Mio. Euro, so rechnet der Kämmerer für das Haushaltsjahr 2019 mit einem Überschuss von rd. 10,5 Mio. Euro, der sich in den Folgejahren 2020 bis 2022 mit einem jährlichen Überschuss zwischen 5 und 7 Mio. Euro fortsetzt.
Die Gründe sind vielfältig: Steigende Gewerbesteuereinnahmen, steigende Landeszuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, aber auch sinkende Sozialausgaben, da das Jobcenter mehr Menschen in Lohn und Brot vermitteln konnte, so dass auch die Grundsicherungsleistungen sinken. Gesunde Finanzen also, eine erfreuliche Entwicklung, die uns zusätzliche Spielräume verschafft. Spielräume, die mich zum zweiten Schwerpunkt der SPD bringen, nämlich Investitionen in Bildung.
Die SPD steht für eine kostenfreie Bildung von Anfang an. Nur so kann für Chancengleichheit in unserer Gesellschaft gesorgt werden. Unser Ziel ist klar: die gesamte Bildungskette soll beitragsfrei sein. So hat die SPD-geführte Landesregierung schon 2014 dafür gesorgt, dass die Studiengebühren abgeschafft und das Erststudium beitragsfrei wird. Im Schulbereich steht die SPD für eine Stärkung des öffentlichen Schulwesens ohne Schulgeld. Und nicht zuletzt hat auch die SPD-geführte Landesregierung zum 1. August dieses Jahres die Kita-Gebühren abgeschafft, denn auch frühkindliche Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
Nach der Kita-Beitragsfreiheit gehen wir heute auch den letzten Schritt der Bildungskette an, wir wollen auch die Elternbeiträge im Krippen- und Hortbereich komplett abschaffen. Ein entsprechender Antrag dazu liegt Ihnen heute zur Abstimmung vor. Frühkindliche Förderung und eine verlässliche und qualitätsvolle Betreuung von Kindern sind entscheidend für die weitere Entwicklung eines Kindes und damit wesentliche Voraussetzung für Chancengleichheit. Ein Krippen- und Kita-Besuch stärkt die Bildungschancen und die von uns beabsichtigte Gebührenfreiheit ist ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Gerade in Familien mit einem geringen Einkommen tun diese Gebühren oft weh. Das wollen wir ändern.
Und Herr Oberbürgermeister, ein direktes Wort an Sie: Sie haben im Finanzausschuss gesagt, die SPD wolle mit der Krippen-Beitragsfreiheit die Millionäre entlasten. Diese Aussage ist, gelinde gesagt, ein Skandal. Und sie ist typisch für einen konservativen Oberbürgermeister, der sich offensichtlich in die Lage einer Verkäuferin, einer Krankenschwester oder eines Facharbeiters gar nicht mehr hinein versetzen kann. Es geht uns mitnichten darum, Millionäre zu entlasten, auch nicht die Bezieher von Grundsicherungsleistungen, denn diese zahlen heute auch schon keine Kita- oder Krippenbeiträge, sondern die trägt die Stadt.
Es geht uns als SPD vor allem darum, die gesellschaftliche Mitte, die wahren Leistungsträger dieser Gesellschaft, finanziell zu entlasten. Also noch mal: die Krankenschwester, die Verkäuferin, den Facharbeiter, die einerseits sicher keine Reichtümer verdienen, die aber andererseits aufgrund ihres Einkommens stets über den Grenzwerten von öffentlichen Transferleistungen und Subventionen liegen und daher alles selbst aus ihrem bereits versteuerten Einkommen bezahlen müssen. Es geht um die Mittelschicht, die arbeitenden Menschen in dieser Stadt. Und dass Sie sich trauen, Herr Oberbürgermeister, das öffentlich als Subventionierung von Millionären zu diskreditieren, ist ein Skandal und spricht für sich.
Und nur am Rande sei erwähnt, dass auch die Wirtschaft aus der Krippenbeitragsfreiheit ihren Nutzen zieht. Denn optimale Kinderbetreuung ist familienfreundlich, ermöglicht Eltern, nach der Geburt des Kindes leichter in den Beruf zurückzukehren und ist damit auch ein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Und noch ein Wort zu den Finanzen. Wir können uns diese Beitragsfreiheit angesichts von Überschüssen im Haushalt, die, ich habe es dargestellt, zwischen 5 und 15 Mio. Euro liegen, auch leisten.
Und die Mathematik lässt sich nun mal nicht betrügen. Wir erhalten vom Land 9,7 Mio. Euro für den Wegfall der Kita-Beiträge. Rechnet man die 2,2 Mio. Euro dagegen, die vom Land jetzt nicht mehr kommen, weil die Erstattung für das bisherige beitragsfreie dritte Kita-Jahr entfällt, verbleiben 7,5 Mio. Euro vom Land. Hinzu kommt der Wegfall der Aufwendungen der Stadt aus der wirtschaftlichen Jugendhilfe von rd. 1,5 Mio. Euro, da das Land diese Kosten direkt an die freien Träger zahlt. Dann verbleiben nach Adam Riese noch rd. 9 Mio Euro, die wir nicht dem städtischen Haushalt, sondern den Eltern zufließen lassen wollen.
Diesen 9 Mio. Euro stehen wegfallende Kita-Elternbeiträge von rd. 5,3 Mio. Euro und etwa ausfallende Elternbeiträge aus dem Krippen- und Hortbereich von 3,3 Mio. Euro gegenüber, in Summe also wegfallende Elternbeiträge von 8,6 Mio. Euro. Die Rechnung geht also auf, Sie können das in unserem Antrag alles nachlesen und nachrechnen, man muss es nur wollen. Und um es klar zu sagen: Es geht uns übrigens auch um die Qualität in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen. Beitragsfreiheit und Qualitätsverbesserung schließen sich ja nicht aus. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.
So hat die Landesregierung das Schulgeld in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern abgeschafft, finanziert bereits heute die dritte Kraft in den Krippen. 32 Mio. Euro stellt das Land für Sprachförderung zusätzlich zur Verfügung, außerdem werden 60 Mio. Euro Bundesmittel für die Qualitätsverbesserung in Kitas durch den Landeshaushalt in den nächsten Jahren verstetigt.
Das führt mich zum dritten Haushaltsschwerpunkt der SPD, der sozialen Stadtentwicklung insbesondere in Schinkel und dem sozialen Wohnungsbau. Wir alle sind uns einig, dass die Städtebaufördermittel für die soziale Entwicklung des Stadtteils Schinkel eine riesengroße Chance sind, weil sie auch private Investitionen nach sich ziehen. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir nicht nur in Steine und Beton investieren, sondern auch in die soziale Entwicklung. Die CDU Schinkel fordert im Zusammenhang mit dem Stadtteil Schinkel reflexartig mehr Polizei. Kann man machen, wir brauchen dort sicher auch mehr Kontaktbeamte der Polizei auf den Straßen. Aber das alleine greift doch völlig zu kurz. Wir brauchen auch mehr Sprachförderung, mehr Integrationskurse, mehr Sozialarbeiter, mehr Streetworker und auch Treffpunkte wie das Heinz-Fitschen-Haus oder das Café Connection der Diakonie. Gleiches stellen wir uns bspw. für die Menschen aus Schinkel vor, die aus Bulgarien stammen. Die bekannten Probleme in diesem Bereich kann man nur durch sozialpolitische Maßnahmen lösen, dazu brauchen wir auch Orte der Begegnung, etwa ein Stadtteil-Café als Treffpunkt oder das Büro des Quartiersmanagers, der sich vor Ort um die Menschen kümmert.
Deshalb finden wir es auch unverantwortlich, dass CDU und Grüne bspw. gegen den von der Arbeiterwohlfahrt beantragten Mehrbedarf von 10.500 Euro für die Kinder- und Jugendarbeit im Heinz-Fitschen-Haus stimmen und damit eben nicht ermöglichen, dass der offene Kindertreff durchgehend mit zwei Mitarbeitern besetzt ist. Auch das Nachmittagsangebot für die Eltern kann so nicht erweitert werden. Angesichts der beschriebenen Situation im Stadtteil Schinkel ist das eine krasse Fehlleistung von CDU und Grünen. Aber zumindest die CDU fordert halt lieber mehr Polizei, obwohl wir das kommunalpolitisch nicht einmal beeinflussen können, da das Landessache ist.
Genauso erforderlich wäre gerade für den Stadtteil Schinkel, aber auch insgesamt für die Stadt Osnabrück, die Wiederrichtung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, um die Konkurrenzsituation auf dem Wohnungsmarkt zwischen Flüchtlingen, Alleinerziehenden, Rentnern, aber auch zunehmend mehr Familien des Mittelstandes, die Probleme haben eine Wohnung zu finden, zu entschärfen. Darin steckt enorm viel soziale Sprengkraft.
Deshalb brauchen wir eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, die nicht nur renditeorientiert arbeitet und dem Dax verpflichtet ist, sondern dem Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ und dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes. Aus diesem Grund unterstützen wir auch den Bürgerantrag nach § 34 NKomVG, der heute noch auf der Tagesordnung steht, damit keine städtischen Grundstücke, die grds. für Wohnungsbau geeignet sind, verkauft werden, sondern vielmehr in eine solche kommunale Wohnungsbaugesellschaft eingebracht werden. Haushalterisch haben wir für heute schon einmal beantragt, 50.000 Euro für die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in den Haushalt 2019 einzustellen.
Zum Schluss, noch ein Wort zur Kultur. Die Haushaltspolitiker des Landes haben die kommunalen Theater gestärkt, die in Summe statt 22 Mio. Euro zukünftig 25 Mio. Euro vom Land erhalten. Das Osnabrücker Stadttheater erhält von dem Mehrbetrag von 3 Mio. Euro aus dem Landeshaushalt etwa 700.000 Euro. Aus dem städtischen Haushalt stärken wir die Museenlandschaft, das Nussbaum-Haus, erhöhen das Marketingbudget für die Museen und das Ausstellungsbudget der Kunsthalle. Interessant ist eine Gesamtbetrachtung des Kulturhaushalts. Während in unserer Nachbarstadt Münster der aktuell veranschlagte Kulturetat rd. 44 Mio. Euro beträgt und der Kulturetat somit einen Anteil von 3,75 % am Gesamtetat hat, liegt dieser Wert in Osnabrück mit 5,2 % deutlich höher als in Münster. Das zeigt: Kulturpolitik wirkt und wir begreifen in Osnabrück den Kulturetat eben auch als echten Standortfaktor zur Belebung der Stadt.
In diesem Sinne Danke ich für die Aufmerksamkeit und wünsche allen ein friedliches und ruhiges Weihnachtsfest.