9. Dezember 2014

Rede zum Haushalt 2015 der Stadt Osnabrück

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Herr Ratsvorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

kommunale Haushaltsberatungen sind nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, gleichen sie doch häufig einer Achterbahnfahrt. Sieht man sich die finanziellen Entwicklungen der letzten Jahre an, so wird wieder einmal deutlich, wie wenig planbar kommunale Haushalte sind.

Als unser Kämmerer Thomas Fillep in der Ratssitzung im Mai dieses Jahres dem Rat den sog. Eckwertebeschluss vorlegte, schien die Welt noch in Ordnung. Aufgrund der guten finanziellen Rahmenbedingungen mit hohen Steuereinnahmen und geringen Zinsbelastungen peilte die Verwaltung damals für 2015 einen ausgeglichenen Haushalt an. Über den Eckwertebeschluss sollte sogar ein Haushaltsüberschuss für schlechte Zeiten von rd. 5 Mio. € erwirtschaftet werden.

Aus heutiger Sicht war der damalige Eckwertebeschluss nicht nur Makulatur, sondern ich würde ihn eher als den größten finanzpolitischen Flop der letzten 20 Jahre bezeichnen. Bei der Haushaltseinbringung für das Jahr 2015 in der Ratssitzung am 30.09.2014 war dann nicht mehr von einem Überschuss von 5 Mio. € die Rede, sondern der Kämmerer brachte den Haushaltsentwurf mit einem geplanten Defizit von rd. 11,8 Mio. € in den Rat ein. Der Eckwertebeschluss vom Mai 2014 verschwand im finanzpolitischen Nirwana.

In endlosen Stunden und vielen interfraktionellen Gesprächsrunden über Einnahmeverbesserungen und Ausgabenkürzungen ist es uns dann interfraktionell – im Wesentlichen bestehend aus Vorschlägen der rot-grünen Ratsmehrheit und der CDU-Fraktion – gelungen, Ergebnisverbesserungen in einer Größenordnung von rd. 9,7 Mio. € einvernehmlich zu vereinbaren und damit in die Nähe eines ausgeglichenen Haushalts zu kommen.

Nur als Randnotiz: Wäre die CDU-Fraktion den Vorschlägen der rot-grünen Ratsmehrheit in Gänze gefolgt, hätten wir Ergebnisverbesserungen von rd. 11,2 Mio. € erzielt und damit einen nahezu ausgeglichenen Haushalt für 2015 beschließen können.

Doch dann kam die Hiobsbotschaft in der Schlussphase der interfraktionellen Haushaltsberatungen, die alle Hoffnung auf einen ausgeglichenen Haushalt für 2015 zunichtemachte. Das prognostizierte Haushaltsdefizit von 11,8 Mio. € erhöht sich wegen geringerer Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich um satte 7 Mio. € auf nunmehr 18,8 Mio. €.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen zeigen, dass wir eine Verstetigung der kommunalen Zuweisungen aber auch Steuereinnahmen brauchen, sonst enden diese Überraschungen nie und Haushaltspläne verkommen immer mehr zum politischen Ratespiel und gleichen einem Blick in die Glaskugel.

Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für die Kommunalfinanzen und zwar sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene. Die Ist-Einnahmen, also das Rechnungsergebnis an Gewerbesteuer betrug in den Jahren zwischen 2009 und 2013 zwischen 58 Mio. € (Tiefststand) und 107 Mio. € (Höchststand) – und das ohne nennenswerte Änderungen der zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen. Der Planansatz für 2014 wurde gerade von 102 Mio. € auf 100 Mio. € runterkorrigiert und für 2015 rechnet der Kämmerer mit 103 Mio. € Gewerbesteuer.

Diese Zahlen machen deutlich: Hier ist der Bund gefordert, für eine Verstetigung der Gewerbesteuereinnahmen zu sorgen.

Auf Landesebene gibt es allerdings Grund zur Hoffnung was die Verstetigung unserer Kommunalfinanzen angeht. Das Land hat beschlossen, die dritte Krippenkraft in den Kitas zu finanzieren. Ab dem 1. Januar 2015 wird im Rahmen eines Stufenplans eine Finanzhilfe in Form einer Pauschale für eine dritte Kraft in Krippen gezahlt. Für 2015 erhält die Stadt Osnabrück vom Land für diese dritte Kraft jährlich etwa 1,4 Mio. €, die im Haushaltsplanentwurf 2015 über die Veränderungslisten bereits enthalten sind.

Eine weitere Entscheidung des Landes wird die finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt Osnabrück zukünftig entscheidend verbessern. Die Entscheidung von Innenminister Boris Pistorius, in Osnabrück eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im ehemaligen Bundeswehrkrankenhaus einzurichten, wird unseren kommunalen Haushalt dauerhaft entlasten. Zum einen durch die etwa 800.000 Euro Mietzahlungen an das Klinikum und zum anderen dadurch, dass in etwa 3 Mio. € jährliche Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern zukünftig entfallen, da Osnabrück keine kommunale Quote zur Unterbringung von Flüchtlingen mehr erfüllen muss. Die Kosten dafür trägt also dauerhaft das Land, so dass wir im kommunalen Haushalt in etwa in der Summe mit 4 Mio. € jährlich vom Land entlastet werden.

Trotz dieser guten Entscheidungen auf Landesebene muss jeder verantwortliche Finanzpolitiker sorgenvoll in die Zukunft blicken. Es liegen noch zahlreiche ungedeckte Schecks im Büro unseres Oberbürgermeisters herum, die alle noch nicht im Haushalt veranschlagt sind.

Ich denke da etwa an die jährlichen Eigenkapitalzuführungen an den FMO in Höhe von rd. 2,9 Mio. €, die in der Summe in den nächsten 6 Jahren also rd. 18 Mio. € allein für den FMO ausmachen. Außerdem die angedachte Theatersanierung für 15 Mio. €, die Eigenkapitalverstärkungen des Klinikums, die in den nächsten Jahren etwa 20 Mio. € ausmachen und die zweite Feuerwache für rd. 11 Mio. €.

Alles zusammen, also FMO, Theatersanierung, Klinikum und Feuerwache, ergibt einen ungedeckten Betrag in Höhe von 64 Mio. €. Ich bin gespannt, wie die Finanzverwaltung auf diese ungelösten Finanzprobleme reagieren wird.

Diese Beispiele zeigen, wie notwendig eine Gemeindefinanzreform auf Bundesebene ist, aber auch, wie nötig unsere eigenen Konsolidierungsbemühungen hier vor Ort weiterhin sind. Wir haben für den Haushalt 2015 einiges an Konsolidierungen auf den Weg gebracht. Beispielhaft seien hier genannt:

Die Verhandlungen mit dem Landkreis über das Gastschulgeld. Es kann nicht sein, dass wir den Landkreis Osnabrück, der jährliche Überschüsse im Haushalt von zuletzt 10 Mio. € erwirtschaftet, dauerhaft aus dem städtischen Haushalt subventionieren, indem wir einen nicht auskömmlichen Betrag für die Beschulung von Landkreisschülern vereinnahmen. Gerade auch aufgrund des Investitionsstaus in den öffentlichen Schulen in Osnabrück muss der Landkreis an den Investitionskosten beteiligt werden. Wir erwarten hier einen jährlichen Betrag von 2,2 Mio. €, andernfalls können eben Landkreisschüler in städtischen Schulen nicht mehr aufgenommen werden.

Das Stadttheater trägt ebenfalls zur Haushaltskonsolidierung bei. Wir haben im Haushalt 2015 zwar nur einen symbolischen Kürzungsbetrag bei der Theaterfinanzierung von 100.000 € vorgenommen. Ich denke aber, hier müssen weitere Gespräche mit dem Ziel der Kostenoptimierung beim Theater geführt werden. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass das Theater etwa ¼ unserer freiwilligen Leistungen ausmacht. Incl. Bauunterhaltung kostet uns der Theaterbetrieb jährlich etwa 11 Mio. €. In so einem Etat gibt es sicher unter Kosteneffizienzgesichtspunkten noch Optimierungspotential, ohne dass man gleich Qualitätsverluste befürchten oder über Spartenschließungen nachdenken muss.

Ein weiterer finanzpolitischer Schwerpunkt ist für uns natürlich auch, die Kostensituation im Kita-Bereich im Griff zu behalten. In der Zeit von 2005 bis 2013 ist der Zuschussbedarf für den Bereich der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege um 19 Mio. € angestiegen. Die Tendenz ist weiter deutlich steigend: 2005: 14 Mio. €; 2013: 33 Mio. €; Planansatz 2014: 39 Mio. €; Planansatz 2015: 44 Mio. €. Zusammengefasst sind also die Aufwendungen innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren um rd. 30 Mio. € angestiegen.

Der Kostendeckungsgrad in diesem Bereich durch die Erhebung von Kita-Gebühren beträgt nur noch 12,5 % mit sinkender Tendenz. Deshalb halten wir es auch für gerechtfertigt und angemessen, wenigstens einen Inflationsausgleich bei den Kita-Gebühren hinzubekommen, um den Kostendeckungsgrad nicht noch weiter absinken zu lassen.

Vor diesem Hintergrund halten wir die gemeinsam von fast allen Fraktionen getragene Kita-Gebühren-Erhöhung von 4,50 € mtl. für einen Ganztagsplatz für angemessen und vertretbar. Zumal wir an der Geschwisterregelung – Eltern zahlen den Beitrag für ein Kind, die Geschwister bleiben frei –, festgehalten haben. Mit einem Kita-Beitrag von dann 182 Euro für den Ganztagsplatz sind wir verglichen mit den Umlandgemeinden immer noch konkurrenzlos günstig, vor allem vor dem Hintergrund, dass wir den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gewährleisten können und das obwohl wir eine Versorgungsguote von 60%, statt 30% wie im Landkreis, zugrunde legen.

Lassen Sie mich auf einige sozialdemokratische Schwerpunktsetzungen im Haushalt 2015 eingehen. Neben der Haushaltskonsolidierung und Rückführung der Verschuldung der Stadt ist uns wichtig, dass die öffentlichen Straßen, Sport- und Schulgebäude nicht weiter verfallen. Wir sehen deshalb in der Beseitigung des umfangreichen Sanierungsstaus und damit im Erhalt der öffentlichen Infrastruktur einen unserer wesentlichen Schwerpunkte.

Deshalb sind auch die Gewerbesteuer- und die Grundsteuererhöhung aus Sicht der SPD Fraktion angemessen. Angesichts der Haushaltssituation war die Frage der Hebesatzanhebung bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer unumgänglich. Aber auch um noch zusätzliche städtische Investitionstätigkeiten im Interesse der Unternehmen in dieser Stadt möglich zu machen. Wir liegen auch nach der Erhöhung bei beiden Hebesätzen immer noch im guten Mittelfeld bei einem Kommunalvergleich.

Ich denke aber auch vor dem Hintergrund, dass wir in den nächsten 6 Jahren rd. 18 Mio. € dem FMO zuführen müssen und aus der erhöhten Gewerbesteuer beispielsweise auch ein Investitionsprogramm mitfinanzieren – 1 Mio. € zusätzlich für Gebäudeunterhaltung und Schulsanierung sowie 500.000 € zusätzlich für die Straßenunterhaltung –, so dass die Unternehmen in dieser Stadt auch etwas für die erhöhte Gewerbesteuer zurückbekommen, ist diese Steuererhöhung unumgänglich und auch gerechtfertigt.

Das Ziel der SPD Fraktion ist, dass unsere Stadt trotz der notwendigen Sparmaßnahmen das bleibt, was sie ist: Eine Stadt, in der die Menschen gerne leben und eine Stadt, die selbstbewusst in die Zukunft blicken kann, weil sie ihre Finanzlage im Griff hat.

Der Jugendhilfebereich ist eines der Kernanliegen sozialdemokratischer Kommunalpolitik. Wir sind stolz darauf, dass wir den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben realisieren können und in diesem Bereich einen finanziellen Schwerpunkt gesetzt haben. Bei den interfraktionellen Beratungen konnten wir die Vorschläge der CDU-Fraktion, im Bereich der Jugendhilfe 1 Mio. € einzusparen, mit Erfolg abwehren. Denn wir halten gerade auch in Zeiten des demografischen Wandels Stadtteil- und Jugendzentren, die eine Begegnungsmöglichkeit für Jung und Alt sind, Zentren wie den Ostbunker oder das Heinz-Fitschen-Haus im Schinkel oder das Gemeinschaftszentrum Lerchenstr. in der Dodesheide, für unverzichtbar.

In der Schulpolitik ist uns die Sanierung der Schulgebäude ein wichtiges Anliegen, damit die Kleinsten in der Stadt gute Bildungsvoraussetzungen haben. In diesem Zusammenhang erneuere ich auch die sozialdemokratische Forderung nach einer dritten Gesamtschule in dieser Stadt. Nachdem die Landesregierung die Gesamtschulverhinderungs- und Benachteiligungspolitik der alten schwarz-gelben Landesregierung endlich beendet hat, sind die Zeichen so günstig wie nie, dass wir das Ziel der Realisierung einer dritten Gesamtschule noch in dieser Legislaturperiode anpacken werden.

Im Bereich des Sports konnten wir die Zuschüsse für die Sportvereine – trotz unserer schwierigen Finanzlage – auf hohem Niveau halten, da uns die Anerkennung der ehrenamtlichen Sportvereinsarbeit sehr wichtig ist. Erst im letzten Jahr haben wir die Zuschüsse für die Unterhaltung vereinseigener Anlagen um 200.000 Euro erhöht.

Die Entscheidung zum Umbau der Schlosswallhalle, die einem Neubau für rund 7 Mio. € gleichkommt, war ein Kernanliegen sozialdemokratischer Sportpolitik. Ohne die SPD-Fraktion hätte es die neue Schlosswallhalle mit 700 Tribünenplätzen nicht gegeben, denn die CDU-Opposition trat damals für eine reine Schul- und Vereinssporthalle ohne Tribünenplätze für die Zuschauer ein. Außerdem setzte die CDU auf private Lösungen wie die KiKxxl-Halle.

In der Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik ist die SPD-Fraktion konsequent für den Neubau des Hotels an der OVK-Halle eingetreten – eine richtige und gute Entscheidung, wie man auf der Baustelle des Hotels am Schlosswall täglich sehen kann.

Aber auch die konsequente Ausweisung von Gewerbeflächen beispielsweise am Limberg sind der SPD-Fraktion von jeher ein wichtiges Anliegen gewesen. Von daher begrüßen wir auch die interfraktionelle Einigung, neue Gewerbeflächen am Markt anzubieten, so dass die mittelständische Wirtschaft Osnabrücks expandieren kann und neue Unternehmen im Stadtgebiet angesiedelt werden können. Auf diese Art und Weise werden neue Arbeitsplätze für neue Einwohner geschaffen und die Stadt profitiert von zusätzlichen Steuereinnahmen, um die Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen.

Der mit großer Mehrheit vom Rat der Stadt gegen die Stimmen der CDU-Fraktion gefasste Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Neumarkt und dem damit verbundenen Bau des Einkaufscenters von MFI war eine der zentralen wirtschafts- und finanzpolitischen Weichenstellungen in diesem Jahr. Wenn die Bauverwaltung den Bauantrag nun zügig genehmigt, werden wir nach unserer festen Überzeugung nicht nur einen seit 25 Jahren bestehenden städtebaulichen Missstand am Neumarkt beseitigen.

Wir werden auch durch neue und zusätzliche Kunden, die durch die hohe Strahlkraft des Einkaufscenters ins Umland nach Osnabrück gezogen werden, weitere Umsätze und Kaufkraft für die Kaufmannschaft in Osnabrück generieren. Dies hat wiederum in der Folge höhere Steuereinnahmen für die Stadt zur Folge, die dabei helfen, unsere Finanz- und Haushaltslage in den nächsten Jahren kontinuierlich zu verbessern. Nicht zu unterschätzen wird der Bau des Centers auf die Investitionsbereitschaft der umliegenden Grundstückseigentümer sein. Neben den direkten Investitionskosten von 150 Mio. € durch die Firma MFI rechnen wir mit Folgeinvestitionen von 70 Mio. € im unmittelbaren Umfeld. Mit positiven Folgen für die Steuerkraft in dieser Stadt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz zum Kulturstandort Osnabrück sagen. Die Bedeutung der Kultur als weicher Standortfaktor für die Ansiedlung neuer Unternehmen im Stadtgebiet, aber auch der kulturelle Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Stadt, wird im Allgemeinen stark unterschätzt.

Nur eine Stadt, die ein attraktives Kulturangebot vorhält, wird auch die Fachkräfte der Zukunft finden, die die Wirtschaft so dringend benötigt. Deshalb sind trotz aller Sparanstrengungen die 23,9 Mio. € Zuschussbedarf im Kulturetat gut angelegtes Geld.

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen Verwaltungsmitarbeitern und dem Verwaltungsvorstand bedanken, dass Sie die Haushaltsberatungen so ausgiebig begleitet, Prüfaufträge, Fragen zügig abgearbeitet und die Zwischenergebnisse der politischen Beratungen laufend in den Haushaltsentwurf eingearbeitet haben.

In diesem Sinne wird die SPD-Fraktion dem Haushalt 2015 zustimmen, da er in finanzpolitisch schwierigen Zeiten die richtigen Schwerpunkte setzt.