24. Oktober 2014
Rede zum Antrag der FDP-Fraktion, eine Föderalismuskommission III einzusetzen
Videomitschnitt der Rede
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Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
im Jahr 2019 laufen Gesetze aus, die vor etwa einem Jahrzehnt verhandelt und verabschiedet wurden, um der Finanzverfassung von Bund, Ländern und Gemeinden eine neue Form zu geben. Dazu gehören der Länderfinanzausgleich, der Solidarpakt II, die Zukunft des Solidaritätszuschlages sowie Kompensationsregelungen für abgeschaffte Gemeinschaftsaufgaben etwa im Hochschulbau, in der Verkehrsinfrastruktur und der Wohnraumförderung.
In diese Phase fallen für die Länderhaushalte ab 2020 auch die Regelungen der Schuldenbremse. Der bundesstaatliche Finanzausgleich hat die Aufgabe, alle Länder finanziell in die Lage zu versetzen, ihre verfassungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen und die Eigenstaatlichkeit der Länder zu entfalten. Ziel des Ganzen ist die Herstellung und Bewahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet.
Mit dem Auslaufen dieser wichtigen Regelungen bedarf es daher der Erarbeitung neuer Regelungen und intensiver Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern.
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, Herr Dürr, Herr Grascha, ich glaube bis hierher können wir noch weitgehende Einigkeit in diesem Hause feststellen.
Warum die FDP-Fraktion hier im Hause diesen notwendigen Diskussionsprozess mit ihrem vorliegenden Antrag als Hinterzimmerpolitik diskreditiert und warum wir deshalb eine neu einzusetzende Föderalismuskommission brauchen, bleibt Ihr Geheimnis Herr Dürr, Herr Grascha.
Im Haushaltsauschuss hat uns der Finanzminister über den Stand der Gespräche ausführlich informiert.
Nur zu Ihrer Erinnerung: Noch zu Ihrer Regierungszeit von Schwarz-Gelb haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf ihrer Jahreskonferenz beschlossen, die Finanzminister mit einer Bestandsaufnahme des derzeitigen Systems des Finanzausgleichs zu beauftragen und ein Meinungsbild zu erstellen.
Im Juni 2014 wurde dieser Auftrag auf einer gemeinsamen Sitzung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten konkretisiert, nämlich die Grundlagen zu Fragen der föderalen Finanzbeziehungen zu erarbeiten und genau die Themen abzuarbeiten, die Sie in ihrem FDP-Antrag aufgelistet haben.
Es ist der Auftrag der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten an die Finanzminister ergangen, das Feld aufzuarbeiten und Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten. Wieso man das als Hinterzimmerpolitik seitens der FDP diskreditiert, ist mir schleierhaft.
Aus der Unterrichtung durch Finanzminister Schneider im Haushaltsausschuss wurde jedenfalls der Mehrheit des Ausschusses deutlich, dass nun alle Fakten auf dem Tisch liegen und alle Modelle berechnet sind. Es gibt also keinen Erkenntnismangel, sondern was wir jetzt brauchen, sind Entscheidungen.
Es liegt im Interesse Niedersachsens, hier zu schnellen gesetzgeberischen Maßnahmen zu kommen, damit wir kein Geld verlieren. Entscheidend ist jetzt, dass das Gesetzgebungsverfahren in Gang kommt. Dabei sind nach unserer Verfassung die Bundesorgane gefordert, nicht die Landtage.
Die Landtage und die Landtagsfraktionen müssen das Ganze natürlich begleiten und dazu haben wir uns ja auch bereits mit Finanzminister Schneider auf weitere gemeinsame Diskussionen und Unterrichtungen im Haushaltsausschuss verständigt und Minister Schneider hat zugesagt, uns umfassend und laufend zu informieren.
Aber eines ist doch auch klar: Es geht um bundesgesetzliche Regelungen bis hin zu Grundgesetzfragen und damit sind die Bundesorgane – Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat – gefordert. Und nach unserer Verfassung ist es nun einmal so, Herr Grascha, Herr Dürr, dass das Land Niedersachsen im Bundesrat durch die Landesregierung vertreten wird und nicht durch wie auch immer besetzte Kommissionen des Landtages.
Und das will ich betonen: Wir haben da das vollste Vertrauen in unsere Landesregierung, wenn es darum geht, niedersächsische Interessen gegenüber dem Bund wirkungsvoll zu vertreten.
Und mal ganz pragmatisch gefragt: Glauben Sie im Ernst, Herr Dürr, Herr Grascha, dass die von Ihnen vorgeschlagene Kommission am Ende in der Lage sein wird, die notwendigen Kompromisse zwischen den unterschiedlichen Interessenlagen herbeizuführen? Das glaube ich nicht.
Ich erinnere Sie daran, dass auch bei der Föderalismuskommission II nicht die Arbeit im voll besetzen Gremium zum Ziel geführt hat, sondern ein sehr viel kleinerer Kreis am Ende zum Ergebnis gekommen ist.
Für Niedersachsen ist jetzt wichtig, im Hinblick auf Planungssicherheit für zukünftige Haushalte möglichst bald zu Ergebnissen zu kommen. Die Verhandlungen der Landesregierung werden wir als Fraktion intensiv begleiten und das Gesprächsangebot von Minister Schneider gerne annehmen. Aber im Interesse einer baldigen Entscheidung, um Planungssicherheit für unsere Haushalte zu bekommen, ist die Föderalismuskommission, wie von Ihnen vorgeschlagen, aus unserer Sicht nicht zielführend.
Hinzu kommt, dass zwischen der FDP-Fraktion und der SPD-Fraktion fundamentale Unterschiede bestehen, was die Zukunft des Solis und bspw. die von Ihnen vorgeschlagenen Zuschlagsrechte der Länder auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer angeht. Derartige Zuschlagsrechte führen zu einem Wettbewerbsföderalismus wie wir ihn nicht wollen.
Unterschiedliche Steuersätze in den Bundesländern würden einen ruinösen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern auslösen, den Länderhaushalten massiv schaden und am Ende eben gerade nicht zur Beseitigung der Strukturunterschiede zwischen den Ländern und damit auch nicht zur Angleichung der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet beitragen.
Dieser Steuersenkungswettbewerb würde zu Betriebsverlagerungen von einem in das andere Bundesland führen, außerdem zu rapide ansteigenden Bevölkerungswanderungen in die vermeintlichen innerdeutschen Steuerparadiese. Das kann jedenfalls kein verantwortlich Handelnder wollen.
Übrigens auch die schwarz-gelbe frühere Landesregierung nicht. In einer Antwort auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion vom 12. Juni 2012 hat die damalige Landesregierung auf die Frage, ob sie die Einführung eines Hebesatzes oder Zuschlagsrechtes der Länder auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer für sinnvoll hält, geantwortet (Zitat):
„Die Einführung von Hebesätzen bzw. Zu- und Abschlägen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ist derzeit nicht beabsichtigt. Zuschlagsrechte könnten eher Abwanderungsbewegungen auslösen und das Steueraufkommen allenfalls kurzfristig steigern.“
Recht hat sie, die alte schwarz-gelbe Landesregierung!
Ich frage mich nur, wo damals die FDP war. Entweder hat die FDP heute die damalige Position ihrer eigenen Landesregierung verlassen oder konnte sich offensichtlich gegenüber dem größeren Koalitionspartner CDU – wie so oft – nicht durchsetzen.
Ein anderer Angehöriger dieses Hohen Hauses ist in diesem Zusammenhang heute auch noch interessant. Landtagspräsident Busemann hat am 13. Oktober gegenüber der Braunschweiger Zeitung erklärt, dass die Länderparlamente an den Verhandlungen über die künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu beteiligen seien.
Er kritisierte, dass die Länderparlamente bei den laufenden Gesprächen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen außen vor bleiben. Hier würden Entscheidungen über ihren Kopf hinweg gefällt.
Herr Busemann, dann müssten Sie heute eigentlich dem FDP-Antrag zustimmen. Ich bin gespannt, wie Sie heute abstimmen werden, denn Ihre CDU-Fraktion hat den FDP-Antrag im Haushaltsausschuss am 9. Oktober, also bereits vier Tage vor Ihrem Zeitungsinterview, abgelehnt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!