8. Juni 2016
Rede zu Windenergieerlass und Repowering
Videomitschnitt der Rede
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Text der Rede
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Niedersachsen ist das Windenergieland Nr. 1 in Deutschland. Mit über 8.600 Megawatt stellt Niedersachsen ein Fünftel der in der Bundesrepublik installierten Leistung. Als Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende unterstützt die SPD-Fraktion den weiteren Ausbau der Windenergie.
Der Ausbau ist aber auch unter wirtschaftspolitischen Aspekten sinnvoll. In der niedersächsischen Windenergiebranche sind mittlerweile über 30.000 Menschen beschäftigt. In 2013 wurden allein in Niedersachsen 500 Millionen Euro in neue Windparkprojekte investiert. In der Windenergiebranche in Niedersachsen und Bremen entsteht eine jährliche Bruttowertschöpfung von 3,4 Milliarden Euro.
Wir haben als Niedersachsen also allen Grund, uns für norddeutsche Interessen einzusetzen und die Windenergie unter Klimaschutzgesichtspunkten, aber auch gerade unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten weiter voranzubringen.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei unserem Ministerpräsidenten Stephan Weil und unserem Umweltminister Stefan Wenzel. Die beiden haben sich in den vergangenen Wochen sehr intensiv dafür eingesetzt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht ausgebremst wird. Dennoch können wir mit den vorläufigen Ergebnissen der Bund-Länder-Gespräche aus niedersächsischer Sicht nicht ganz zufrieden sein.
Bis 2025 sollen zwischen 40 und 45 Prozent des Stromverbrauchs über Ökostrom gedeckt werden. Vor dem Hintergrund, dass wir bereits heute bei rund einem Drittel Ökostromanteil aus Erneuerbaren Energien sind, ist diese Zielsetzung aus niedersächsischer Perspektive nicht besonders ambitioniert.
Deshalb fordern wir in unserem Entschließungsantrag, dass das Ausbauziel für erneuerbare Energien von 45 Prozent keine Obergrenze sein darf.
In Berlin hat man sich darauf verständigt, für die Windenergie an Land einen Zubau von 2.800 Megawatt (brutto) jährlich festzulegen, das entspricht einer Menge von rund 1.000 Windrädern. Bisher waren es 2.500 Megawatt (netto).
Die Einigung sieht damit auch vor, den Ersatz alter durch neue Anlagen, also sogenannter Repoweringprojekte, dabei mitanzurechnen. Um eine gute Netzauslastung zu gewährleisten, dürfen nur höchstens 60 Prozent des durchschnittlichen Neubaus der letzten Jahre in Norddeutschland sein.
Damit können wir aus niedersächsischer Perspektive nicht zufrieden sein. Wir bleiben deshalb bei unserer Forderung in unserem Entschließungsantrag, dass der Ausbaupfad für die Onshorewindenergie mit 2.500 Megawatt netto erhalten bleibt und dass das sogenannte Repowering auch weiterhin nicht auf den Zubau angerechnet wird.
Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sieht vor, dass neue Windkraftanlagen nur noch gefördert werden, wenn sie erfolgreich an Ausschreibungen teilnehmen. Nach Ansicht der SPD-Fraktion ist das ein grundsätzlich richtiger Ansatz.
Das vorgesehene Verfahren führt allerdings zu einer massiven Marktverzerrung – zu Lasten mittelständischer und vor allem kommunaler Unternehmen. Ich habe nichts gegen ein effizientes Ausschreibungsverfahren, das die zukünftigen Umlagebelastungen für die Bürgerinnen und Bürger so niedrig wie möglich hält. Das Verfahren muss aber so ausgestaltet sein, dass Chancengleichheit für alle Anbieter besteht.
Die derzeitigen Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums würden insbesondere die kommunalen Stadtwerke stark benachteiligen. Das Risiko, keine Förderzusage zu erhalten, können große Energiekonzerne und internationale Investmentgesellschaften auf viele Projekte verteilen.
Kleine Windkraftprojektierer wie bspw. die Stadtwerke Osnabrück als kommunales Unternehmen können das nicht. Je nach Windprojekt bewegen sich die notwendigen finanziellen Vorleistungen im sechs- bis siebenstelligen Eurobereich. Eine solche Summe werden örtliche und regionale Akteure nicht investieren wollen, wenn völlig offen ist, ob sich diese Vorarbeiten rentieren. Für Bürgerenergiegesellschaften sieht der Gesetzentwurf zwar eine Ausnahmeregelung vor, diese gilt aber nicht für kommunale Unternehmen.
Die Folge: Viele investitionswillige Stadtwerke werden sich zurückziehen, wenn sie zunächst große finanzielle Vorleistungen erbringen müssen, ohne zu wissen, ob sie eine Förderung bekommen.
„Ohne Verlässlichkeit keine Investitionen – dieses Risiko gehen wir als kommunales Unternehmen nicht ein“, betont der Osnabrücker Stadtwerke-Chef Manfred Hülsmann dieser Tage.
Dabei sind insbesondere die lokalen Akteure ein wichtiger Motor und Treiber der Energiewende. Viele kommunale Klimaschutzprogramme wären gefährdet, wenn die jeweiligen Stadtwerke oder regionalen Initiativen nicht mehr wie bisher in regenerative Projekte investieren könnten. Wir dürfen den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht ausschließlich den großen internationalen Investmentgesellschaften überlassen und die Energiewende vor Ort so ausbremsen.
Meine Damen und Herren, ein wesentlicher Anteil des weiteren Ausbaus der Windenergieerzeugung muss auch durch Repowering bewerkstelligt werden. Repowering ist wünschenswert, weil durch die Effizienzgewinne beim Ersatz von Altanlagen die Gesamtzahl der Windkraftanlagen deutlich reduziert werden kann. Außerdem können Anlagen an wenig geeigneten Standorten abgebaut und an neueren, besseren Standorten gebündelt errichtet werden.
Auch unter Akzeptanzgesichtspunkten macht Repowering Sinn, nicht zuletzt, weil neue Anlagen leiser laufen, niedrigere Rotordrehzahlen aufweisen und damit auch als weniger störend wahrgenommen werden.
Alles gute Gründe, um ein neues Repoweringmodell zu entwickeln, das auch unter der Regie eines Ausschreibungsmodells Anreize für eine vorzeitige Erneuerung von Altanlagen bietet.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz zum FDP-Antrag sagen, den wir natürlich nicht unterstützen werden.
Entgegen Ihren Behauptungen ist der Windenergieerlass natürlich keine Rechtsgrundlage, sondern eine Interpretations- und Orientierungshilfe zur Abwägung bei der kommunalen und regionalen Planung.
Dementsprechend sind die Regelungen des Windenergieerlasses ausdrücklich nicht Bestandteil des Landesraumordnungsprogramms. Die konkreten Abstandsregelungen ergeben sich nach wie vor aus naturschutzrechtlichen Bestimmungen, aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und natürlich aus dem Baugesetzbuch – alles bundesrechtliche Regelungen.
Ihr Antrag liegt also neben der Sache und dient lediglich populistischem Wahlkampfgetöse, auf das wir aber nicht weiter eingehen werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.