11. Dezember 2012

Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank Henning zum Haushalt 2013 der Stadt Osnabrück

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Herr Ratsvorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

der vorliegende Haushaltsentwurf sieht für das Jahr 2013 Einnahmen von rd. 437 Mio. € und Ausgaben in einer Größenordnung von 446 Mio. € vor. Das strukturelle Defizit beträgt demnach rd. 9 Mio. €. Das Rechnungsergebnis für 2011 weist dagegen noch einen Verlust von 4,7 Mio. € aus. Der aktuelle Planansatz für 2012 geht dagegen sogar von einem Haushaltsüberschuss von rd. 11 Mio. € aus.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen belegen, was wir hier erleben, ist eine finanzpolitische Achterbahnfahrt. Das Haushaltsaufstellungsverfahren gleicht dem Blick in eine Glaskugel. Vor allem die Einnahmen der Stadt sind durch falsche Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene immer weniger seriös planbar. Nehmen wir die Gewerbesteuer. Diese Steuer ist viel zu konjunkturabhängig. Eine solide Haushaltsplanung wird so deutlich erschwert.

Für die SPD-Fraktion ist klar:

Wir brauchen eine Verstetigung der Gewerbesteuereinnahmen und keine Abschaffung derselben, wie dies in Teilen der Union, aber vor allem der FDP immer wieder gefordert wird. Die SPD-Fraktion unterstützt stattdessen die Forderungen des Deutschen Städtetages, die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer durch Einbezug gutverdienender Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Steuerberater zu verbreitern. Wir halten das für sachgerecht, da die Gewerbesteuer dank der früheren SPD-geführten Bundesregierung, zumindest für die Personenunternehmen, keine wirtschaftliche Belastung mehr darstellt, da sie auf die Einkommensteuer angerechnet wird.

Die SPD-Fraktion unterstützt deshalb auch den wirtschaftsfreundlichen Kurs unseres Oberbürgermeisters durch vernünftige Rahmenbedingungen Unternehmen, die Gewerbesteuern zahlen, in Osnabrück anzusiedeln oder zu halten. Nicht umsonst hat Osnabrück lt. Umfrage der Wirtschaftswoche die wirtschaftsfreundlichste Stadtverwaltung bundesweit. Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch auf die Tatsache, dass durch die Ansiedlung der Spedition Koch am Fürstenauer Weg ein weiterer wichtiger Gewerbesteuerzahler in der Stadt gehalten werden konnte. Somit war die Position der SPD-Fraktion, am Fürstenauer Weg ein Gewerbegebiet mit dem Schwerpunkt auf Logistik im Bebauungsplan festzuschreiben, goldrichtig.

Auch der Umzug der Firma Kaffee Partner von Wallenhorst nach Osnabrück ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Würden die Rahmenbedingungen in Osnabrück nicht passen, wäre dieses innovative Unternehmen sicher nicht nach Osnabrück gekommen. Und das, obwohl der Gewerbesteuerhebesatz in Osnabrück deutlich über dem von Wallenhorst liegt.

Wer hätte 2009 eigentlich gedacht, dass die Konversionsflächen 2012 fast alle am Markt sind und der Abzug der Briten so erfolgreich verlaufen konnte, was die Flächenvermarktung angeht?

Der Erfolg zeigt sich im Übrigen in steigenden Einwohnerzahlen. Allen demographischen Entwicklungen zum Trotz hat Osnabrück Einwohner dazu gewonnen und nicht verloren. Finanzpolitisch ist das besonders wichtig, da wir durch steigende Einwohnerzahlen natürlich auch höhere Landeszuweisungen bekommen.

Meine Damen und Herren, der Ausgaben- und Investitionsschwerpunkt im Haushalt 2013 liegt eindeutig im Beeich der Jugendhilfe, hier ist insbesondere das ehrgeizige Kita-Ausbauprogramm zu nennen, sowie im Schul- und Sozialbereich. Die drei größten Haushaltsvolumina machen den Etat des Jugendhilfebereichs mit 71,7 Mio. € aus, gefolgt vom Sozialetat mit 48,8 Mio. € und dicht dahinter der Schulbereich mit 48,3 Mio. €.

Wir wollen mit knappen Mitteln, nachhaltige Lösungen erzielen.

Im Schulbereich stellen wir fraktionsübergreifend in den nächsten Jahren rd. 5 Mio. € für die Aula des Graf Stauffenberg Gymnasiums bereit und setzen bei den Entwicklungsschwerpunkten mit dem weiteren Ausbau der Ganztagsschulen sowie der Planungen für eine dritte Gesamtschule einen klar sozialdemokratischen Bildungsschwerpunkt in diesem Haushalt.

Der wesentliche Investitions- und Ausgabenschwerpunkt ist aber der Jugendhilfebereich. Wir investieren im Zeitraum von 2009 bis 2016 rd. 34,2 Mio. € in den Ausbau von Krippen und Kindertagesstätten, dem stehen aber lediglich Erstattungen von Bund und Land in einer Größenordnung von 5,5 Mio. € gegenüber, so dass netto für die Stadt ein Investitionsvolumen von rd. 28,7 Mio. € verbleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Kita-Ausbauprogramm ist das größte Investitionsvolumen, das die Stadt Osnabrück in diesem Bereich jemals vollzogen hat. Darauf können wir alle miteinander Stolz sein. Aber ich sage auch, ein Trauerspiel ist die geringe Unterstützung der Stadt Osnabrück durch das Land Niedersachsen und die noch amtierende Bundesregierung. Bund und Land waren bei der Berechnung der Refinanzierungszuschüsse für die Kommunen von einer Versorgungsquote von 35% ausgegangen, in Ballungszentren wie der Stadt Osnabrück, mit einem hohen Anteil Alleinerziehender, zeigt sich aber, dass eine Versorgungsquote von mindestens 60% erreicht werden muss, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auch real werden zu lassen und tatsächlich umsetzen zu können.

Doch die Bundesregierung streitet bekanntlich lieber über dieses unsinnige Betreuungsgeld, statt den Kommunen die notwendigen Infrastrukturmittel zu geben, um den Kita-Ausbau zu forcieren.

Wir könnten in ganz Niedersachsen übrigens 11.000 zusätzliche Krippenplätze anbieten, würde auf das Betreuungsgeld verzichtet und die entsprechenden Mittel in den Krippenausbau investiert. So muss man sich allerdings nicht wundern, dass Niedersachsen bei der Zahl der zur Verfügung stehenden Krippenplätze den vorletzten Platz unter allen Bundesländern belegt.

Weitere Beispiele einer äußerst kommunalfeindlichen Politik der noch amtierenden Landes- und Bundesregierung ist die äußerst mangelhafte Unterstützung der Kommunen beim Sozialhilfeetat, hier insbesondere der Hilfen zum Lebensunterhalt, des Asylbewerberleistungsgesetzes und der fortdauernden Weigerung der Bundesregierung endlich einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen.

Die sog. Aufstockereinkommen entwickeln sich immer mehr zu einem gesellschaftlichen Problem. Obwohl bspw. eine Verkäuferin 8 Stunden arbeiten geht, reicht der Lohn zum Leben häufig nicht aus. Die Kommunen zahlen diesen Arbeitnehmern in der Regel Zuschläge zu den Wohnungsmieten und Heizkosten und gleichen damit im Ergebnis die fehlenden Löhne aus, die die Unternehmen nicht bereit sind zu zahlen. Das kann es doch nicht sein. Hätten wir einen flächendeckenden Mindestlohn in diesem Land, würden die Kommunen von der Zahlung dieser „Aufstockergehälter“ entlastet.

Der Haushalt 2013 sieht im Fachbereich „Soziales“ bei den Hilfen der Stadt Osnabrück zum Lebensunterhalt, zur Pflege, und den Eingliederungshilfen für Behinderte rd. 48 Mio. € vor. Dem stehen lediglich Erstattungsleistungen des Landes in Höhe von 37 Mio. € gegenüber. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung betragen rd. 24 Mio. €, wovon der Bund nur rd. 26% übernimmt. Die Aufwendungen der Stadt im Bereich Grundsicherung im Alter betragen rd. 17 Mio. €. Hier hatte der Bund zwar versprochen bis 2014 100% der Aufwendungen zu übernehmen. Tatsächliche Erhöhungen hat es aber nur in 2012 auf rd. 45% gegeben. Der zweite Erhöhungschritt auf 75% in 2013 bzw. die vollständige Kostenübernahme durch den Bund ist aber gesetzgeberisch noch nicht vollzogen. Hier bleibt die Entwicklung abzuwarten, ob die Bundesregierung ihre vollmundigen Versprechungen gegenüber den Kommunen auch tatsächlich einhält.

Meine Damen und Herren, trotz dieser unzureichenden Landes- und Bundesunterstützung ist es uns durch intensive Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen in den letzten Jahren gelungen, für 2012 voraussichtlich einen erheblichen Überschuss in Höhe von 11 Mio. € zu erzielen und das Defizit für 2013 mit 9 Mio. € angesichts der Vielzahl der uns auferlegten gesetzgeberischen Pflichtaufgaben in Grenzen zu halten.

Erfreulich ist auch das Ergebnis der erstmals zum 31.12.2011 aufgestellten Konzernbilanz. Während wir uns in den letzten Jahren schwerpunktmäßig mit dem defizitären Kernhaushalt der Stadt beschäftigt haben, ist das städtische Konzernbilanzergebnis unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aktivitäten der städtischen Tochtergesellschaften positiv. Der Jahresüberschuss in der Konzernbilanz beträgt in 2011 9,5 Mio. €. Das Vermögen der Stadt beträgt rd. 1,9 Mrd. € abzüglich der Schulden von rd. 1 Mrd. € im Gesamtkonzern Stadt verbleibt ein bilanzielles Eigenkapital von rd. 900 Mio. €.

Anders ausgedrückt: den 6.000 € Schulden pro Einwohner stehen Vermögenswerte von 10.000 € pro Einwohner gegenüber. Die Konzernbilanz macht deutlich, wie wichtig die Doppik für die Stadt ist, bildet sie doch die tatsächlichen Vermögenswerte der Stadt ab. Wir sind auch hierin dem Land Niedersachsen weit voraus, schließlich bucht das Land immer noch nach kameralistischen Grundsätzen und war bisher nicht in der Lage eine kaufmännische Bilanz aufzustellen.

Neben der erstmalig aufgestellten Konzernbilanz war eine weitere Neuerung der Bürgerhaushalt in diesem Jahr. Erstmals konnten Bürgerinnen und Bürger sich intensiv mit den Daten des Haushalts beschäftigen und eigene Vorschläge machen. Die SPD-Fraktion betrachtet die Ergebnisse des Bürgerhaushalts durchaus positiv, wenngleich in der Zukunft noch verbesserungsfähig, was die Zahl der Vorschläge und Empfehlungen angeht. Gleichwohl: es war das erste Mal und wir hatten uns im Rahmen der Haushaltsberatungen mit immerhin 75 bestbewerteten Vorschlägen auseinanderzusetzen und werden auch die weiteren Vorschläge, die über die Top 75 hinausgehen, in nächster Zeit im Finanzausschuss noch weiter beraten.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick nach vorn richten. Die wichtigste Zukunftsinvestition in den nächsten Jahren neben dem schon angesprochenen Kita-Ausbauprogramm und den Investitionen im Schulbereich, wird für die SPD-Fraktion die Finanzierung des geplanten Wissenschaftsparks und des Innovationszentrums an der Sedanstraße sein.

Denn wie könnte man die knappen kommunalen Finanzmittel besser ausgeben, als in die Zukunft junger Leute? Deshalb lautet die Überschrift der SPD-Fraktion zum Haushalt 2013 auch: Mit knappen Mitteln, nachhaltige Lösungen erzielen.

Wenn es uns gelingt, über den Wissenschaftspark und das dort geplante Existenzgründerzentrum jungen Hochschulabsolventen den Schritt in die Selbständigkeit zu erleichtern und die besten Köpfe in Osnabrück zu halten, dann ist jeder Euro, den wir im Wissenschaftspark investieren, gut angelegtes Geld. All dies wird sich in der Folgezeit für die Stadt durch die zusätzliche Wertschöpfung, die Gewerbesteuereinnahmen, die Arbeitsplätze und durch zusätzliche Einnahmen beim kommunalen Finanzausgleich mehr als amortisieren. Wenn wir die Einwohnerzahl Osnabrücks durch Neuansiedlung junger Unternehmen im Wissenschaftspark langfristig zumindest stabilisieren, wird uns dies ebenso helfen, zusätzliche Defizite im Haushalt zu vermeiden.

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen Verwaltungsmitarbeitern und dem Verwaltungsvorstand bedanken, dass Sie die Haushaltsberatungen so ausgiebig begleitet, Prüfaufträge, Fragen zügig abgearbeitet und die Zwischenergebnisse der politischen Beratungen laufend in den Haushaltsentwurf eingearbeitet haben.

In diesem Sinne wird die SPD-Fraktion dem Haushalt 2013 zustimmen, da er die richtigen Schwerpunkte im Bereich der Bildung, der Wirtschaftspolitik und der Sozialpolitik setzt.