8. Januar 2018
Rede anlässlich des Handgiftentages 2018
Es gilt das gesprochene Wort.
Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr geehrter Herr Innenminister Pistorius,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griesert,
sehr geehrter Herr Landrat Dr. Lübbersmann,
sehr geehrte Mitglieder des Landtages, des Bundestages und des Europäischen Parlaments,
verehrter Ehrenbürger Hans Jürgen Fip,
verehrte Möser- und Bürgermedaillen- sowie Ehrenringträger,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich wünsche Ihnen und den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt im Namen der SPD-Ratsfraktion zunächst ein gutes, gesundes und auch friedliches neues Jahr 2018.
Am Handgiftentag blicken wir auf die kommunalpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres zurück und wagen einen Ausblick auf das neue Jahr. So will ich es auch in diesem Jahr halten, mich allerdings auf ein zentrales Thema konzentrieren: „Die Zukunft der Innenstadt im Zeitalter der Digitalisierung“ soll heute mein Thema sein.
Städte sind Orte des Handels, des Wohnens, der Arbeit, der Kultur und der Kommunikation und Begegnung. Hierzu trägt ein lebendiger und zukunftsfähiger stationärer Einzelhandel bei, wenngleich die Innenstadt aus Sicht der SPD-Fraktion deutlich mehr ist, als ein Ort des Handels. Uns ist wichtig zu betonen, dass es Aufgabe der Kommune ist, die bunte Nutzungsmischung und die soziale Vielfalt auch der Osnabrücker Innenstadt zu erhalten.
Dazu sind einerseits die Rahmenbedingungen für den stationären Handel zu verbessern, andererseits darf man beim Blick auf die Osnabrücker Innenstadt nicht allein den Handelsstandort sehen. Mindestens genauso wichtig ist die Innenstadt als Universitätsstandort, als Bildungs- und Schulstandort, als Arbeits- und Wohnstandort sowie Ort des kulturellen Lebens in Osnabrück.
Die Haushaltsberatungen für 2018 haben eines deutlich gezeigt: Osnabrück bekennt sich zum Bildungsstandort und zur kulturellen Vielfalt der Stadt. Wir beabsichtigen im kommenden Finanzplanungszeitraum etwa 80 Mio. Euro in die Sanierung von Schulinfrastruktur, wie Schulgebäuden und Schulsporthallen, zu investieren. Auch im Bereich der Kulturpolitik haben wir größere finanzielle Einschnitte vermieden. Die Osnabrücker Museenlandschaft wurde im Gegenteil finanziell abgesichert, ebenso wichtige Kulturträger wie das Osnabrücker Stadttheater oder die Lagerhalle. Durch den Abschluss von drei Jahresverträgen konnte hier Planungssicherheit erzielt werden.
Die kulturellen Leuchttürme, wie das Remarque-Zentrum oder das Nussbaum-Haus, sind finanziell abgesichert und wir bekennen uns als SPD-Fraktion zum Umbau des kulturgeschichtlichen Museums, zum neuen Hans-Calmeyer-Haus.
Wir alle wissen, Kultur- und Bildungspolitik ist ein entscheidender Standortfaktor bei dem Kampf um die besten Köpfe in dieser Stadt. Wer den Fachkräftemangel wirksam bekämpfen will, muss einerseits auf den Hochschulstandort Osnabrück setzen und die weitere Zusammenarbeit mit den Hochschulen suchen und auch weiter in die Osnabrücker Schullandschaft investieren, andererseits müssen wir aber auch unsere kulturellen Highlights der Stadt weiter fördern. Denn die besten Köpfe auf dem Fachkräftemarkt bleiben nur dann in Osnabrück oder können nur dann für Osnabrück angeworben werden, wenn die Stadt kultur- und bildungspolitisch etwas zu bieten hat. Ich glaube, im Bereich der Schul-, Bildungs- und Kulturpolitik hat der Rat im letzten Jahr die Weichen richtig gestellt und damit auch die Innenstadt Osnabrücks als Hochschul-, Bildungs- und Kulturstandort weiter gestärkt.
Weitaus mehr Sorge bereitet mir Osnabrück als Wohn- und Arbeitsstandort. Die soziale Spaltung in unserem Land in Arm und Reich schreitet weiter voran, hat sicher viele Ursachen und tritt auf unterschiedliche Art und Weise zutage. Dies hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Tag der Deutschen Einheit zuletzt sehr deutlich gemacht. An vielen Fragen zeigt sich, dass die Umgestaltung des Sozialsystems durch die sog. Hartz-Reformen der vergangenen Jahre einer Korrektur bedarf. Ebenso zeigt sich, dass der Markt eben nicht alles von alleine regelt – schon gar nicht im sozialen Bereich. Hier gilt es, Ängste einzufangen und eine weitere Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten.
Das vielfach gepriesene „Jobwunder“ kommt bei vielen Beschäftigten nicht an: Leiharbeit und ausufernde Werkverträge sind stattdessen ernüchternde Realität. Die eigene Arbeit bietet oftmals keine finanzielle und damit verbunden auch keine soziale Sicherheit. Hier sind in erster Linie Bund und Land gefordert, die Kommune kann da wenig beitragen, obwohl gerade die beschriebenen Verwerfungen am Arbeitsmarkt eben auch dem Wirtschafts- und Arbeitsstandort Osnabrück schaden.
Die Kommune, aber auch Land und Bund, sind zweifelsohne auch bei einem weiteren Thema in den nächsten Jahren gefordert: Osnabrück als Wohnstandort zu bezahlbaren Preisen zu erhalten. Es gibt gerade für junge Familien und Arbeitnehmer zu wenig Sozialwohnungen und deshalb müssen wir zukünftig dem Thema bezahlbarer Wohnraum mehr Aufmerksamkeit schenken, will man die Osnabrücker Innenstadt auch als Wohnstandort stärken.
Es liegt auf der Hand, dass der Verkauf der Osnabrücker Wohnungsbaugesellschaft im Jahre 2004 ein schwerwiegender politischer Fehler war. Denn es fehlt uns heute eine wichtige Steuerungsmöglichkeit um als öffentliche Hand preisdämpfend auf den Wohnungsmarkt einzuwirken. SPD, Grüne und Linke haben dagegen noch in der letzten Ratsperiode einen Ratsbeschluss gefasst, eine neue kommunale Wohnungsbaugenossenschaft in Osnabrück wieder zu errichten. Dass dieser weitsichtige Ratsbeschluss durch eine Zufallsmehrheit in der aktuellen Ratsperiode aufgehoben worden ist, ist ein weiterer schwerwiegender Fehler, den es in Zukunft im Interesse der Wohnungssuchenden zu korrigieren gilt.
Die Stadt Osnabrück muss allerdings auch mehr Bauland bereitstellen, denn eines ist ebenso klar: „Steigt das Angebot an Bauland, sinken auch die Preise!“ Die Politik wird 2018 noch einmal die eine oder andere Fläche neu diskutieren müssen, die in der Vergangenheit aus gut gemeinten Gründen, etwa Klimaschutz oder Naherholung, nicht als Bauland zur Verfügung gestellt wurde. In der Abwägung werden wir uns alle fragen müssen: „Ist der Erhalt eines Kaltluftentstehungsgebietes oder eines Naherholungsgebietes wirklich wichtiger, als Menschen mit geringem Einkommen eine bezahlbare Wohnung anzubieten?“
Meine Damen und Herren, der Deutsche Städtetag und der Handelsverband Deutschland haben vor Weihnachten ein gemeinsames Papier zur Zukunft der Innenstadt im Zeitalter der Digitalisierung und des Onlinehandels der Öffentlichkeit vorgestellt. Die SPD-Fraktion begrüßt diese gemeinsame Initiative der kommunalen Spitzenverbände und des Handelsverbandes ausdrücklich, denn der Onlinehandel ist auch für die Entwicklung der Osnabrücker Innenstadt eine der zentralen Herausforderungen.
Die zunehmende Digitalisierung wirkt sich nachhaltig auf die Innenstädte aus. Durch die Verfügbarkeit von neuen Produkten sowie den zunehmenden Onlinehandel steigen die Erwartungen der Kunden an den stationären Einzelhandel. Experten prognostizieren allerdings, dass sich der stationäre und der Onlinehandel zukünftig immer weiter miteinander verbinden werden. Onlineanbieter gehen zunehmend in die Innenstädte und bieten ihre Waren und Dienstleistungen vor Ort an. Umgekehrt investieren immer mehr stationäre Einzelhändler auch in ihre Onlineaktivitäten und bieten ihr Warenportfolio zunehmend stationär und online an.
Die einzig richtige Antwort des stationären Handels auf die Onlinekonkurrenz kann nur sein, einerseits selbst online anzubieten, andererseits aber auch den Service und die Beratungsqualität für die Kunden kontinuierlich zu verbessern. Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die diesbezüglichen Initiativen der Osnabrücker Einzelhändler, wie Bücher Wenner und Schäffer Geschenke, die sich in Ihrer Logistik und damit beim Kundenservice neu aufstellen wollen. Erst kürzlich hat das Traditionshaus Schäffer einen eigenen Lieferservice und ein Service-Center mit veränderten Öffnungszeiten angekündigt. Uns freuen diese Aktivitäten, die den Einzelhandelsstandort in Osnabrück stabilisieren helfen. Allerdings halten wir eine gemeinsame City-Logistik für erstrebenswert, denn nur so vermeiden wir unnötige Verkehre in der Stadt.
Die SPD favorisiert eine gemeinsame Auslieferung der in der City gekauften Artikel mit einem In-House-Service bis zur Haustür. Ziel eines Logistikverbundes sollte die Vermeidung von Wegen sein. Schon heute fahren zum Teil vier Lieferfahrzeuge unterschiedlicher Paketdienste durch die Wohngebiete. Ein Vorteil wäre somit eine City-Logistik der Einzelhändler, die die Auslieferungsfahrten zentralisiert. Schlecht wäre es, wenn jedes Fachgeschäft seinen eigenen Lieferwagen losschickt. Klasse finden wir die Idee des Fahrradkuriers oder die Nutzung von E-Mobilität in der Auslieferung. So wird der Lieferservice emissionsfrei dargestellt. Ich kündige hiermit an, dass wir dazu noch im ersten Quartal des neuen Jahres intensive Gespräche mit den Osnabrücker Einzelhändlern führen werden. Ein erstes Gespräch zum Thema City-Logistik haben wir bspw. bereits mit der Firma Bücher Wenner terminiert. Ich kann abschließend auch die IHK und die Handwerkskammer nur dringend bitten, verstärkt an einer solchen gemeinsamen Lösung mitzuwirken.
Das Stichwort „gemeinsame Lösung“ gibt mir Gelegenheit auf eine neue Initiative einzugehen, die kurz vor Weihnachten gestartet wurde. Genau am 19. Dezember erreichte die Ratsfraktionen ein gemeinsames Schreiben der IHK, der Handwerkskammer, des Vereins für Wirtschaftsförderung, der DEHOGA und der Arbeitgeberverbände, aber auch auf Seiten der Arbeitnehmervertreter unterzeichneten die IG Metall und der DGB das Papier, das sich mit der Verkehrssituation in Osnabrück befasst.
Die SPD-Fraktion begrüßt diese Initiative, soweit es darum geht, gemeinsame Lösungen für die Osnabrücker Verkehrspolitik zu erarbeiten und einen strukturierten Dialog zwischen Politik und Wirtschaft zu initiieren. Wir sind gerne bereit, an einer gemeinsamen Fachtagung mitzuwirken und nach Lösungen für die Osnabrücker Verkehrssituation zu suchen. Allerdings kritisieren wir auch die einseitige Ausrichtung des Papiers, das sich ausschließlich mit der Osnabrücker Verkehrspolitik befasst und dabei den Eindruck erweckt, als gäbe es spezielle Osnabrücker Verkehrsprobleme, die nur in Osnabrück zum Tragen kommen. Wir finden die Fokussierung auf das Thema Verkehr zu einseitig, denn die Zukunft der Innenstadt Osnabrücks hängt von vielen Faktoren ab. Den Unterzeichnern der Initiative vom 19. Dezember, die ja teilweise auch heute hier im Raum sitzen, sei gesagt: Die SPD-Fraktion wird das Gesprächsangebot gerne annehmen, wir wollen die Themen aber breiter diskutieren als nur über die Verkehrsfrage.
Eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt ist wichtig, aber zumindest aus unserer Sicht auch gegeben. Auch ein ausreichendes Parkplatzangebot in der Innenstadt ist erforderlich und wie Sie wissen, steht die SPD auch zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, etwa durch die Realisierung des A33-Lückenschlusses. Über das Thema Tempo 30 als Modellversuch auf Hauptverkehrsstraßen und das Baustellenmanagement in dieser Stadt werden wir mit der Wirtschaft und den Arbeitnehmervertretern von DGB und IG Metall in einen intensiven Dialog treten, das kann ich für die SPD-Fraktion hiermit schon einmal ankündigen.
Liebe Ratskolleginnen- und kollegen, ich hoffe, es ist mir in der Kürze der Zeit – ich hatte nur 10 Minuten Redezeit – gelungen, auf ein paar wichtige kommunalpolitische Highlights des vergangenen Jahres einzugehen, die uns sicher auch im Jahr 2018 weiter beschäftigen werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.