29. Januar 2025

Rede zur Landeswohnungsgesellschaft WohnRaum Niedersachsen GmbH

Plenarrede vom 29. Januar 2025

Videomitschnitt der Rede

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Text der Rede

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Analyse des Ist-Zustandes zur Wohnraumsituation und Lage der Bauwirtschaft in Ihrem Entschließungsteil, aber auch in der Begründung – mit Ausnahme der Landeswohnungsgesellschaft – sind wir uns ja in weiten Teilen einig. Da besteht überhaupt kein Dissens.

Sie haben den Zinsanstieg angesprochen. Den würde ich aber nicht überbewerten. Wir hatten auch schon mal 8 % Zinsen im Schnitt und haben trotzdem gebaut. Die Erhöhung der Baupreise bedingt durch die Materialverteuerung infolge des Ukrainekriegs und der Inflation, die Auftragslage, vor allem das Abwandern von Fachkräften – all das haben wir hundertmal diskutiert. Da gibt es überhaupt keinen Dissens zwischen uns. Das ist also in Ordnung. Das haben wir jetzt zum wiederholten Mal gehört. Sie haben aber im Prinzip nichts Neues vorgetragen.

Herr Frölich, wenn Sie an einer gemeinsamen Entschließung interessiert gewesen wären, dann hätten Sie ja die Anhörung und die schriftlich vorliegenden Stellungnahmen besser auswerten und vielleicht auch mal auf uns zukommen und sagen können: Unseren Feldzug gegen die Landeswohnungsgesellschaft stellen wir jetzt endlich ein! – Denn diese Landeswohnungsgesellschaft arbeitet. Sie ist gegründet. Ich weiß nicht, warum Sie diese Landeswohnungsgesellschaft WohnRaum Niedersachsen GmbH immer wieder als „Landeswohnungskaufgesellschaft“ diskreditieren. Sie wissen genau: Das ist keine Kaufgesellschaft.

Ergänzend möchte ich erwähnen: Ich finde es interessant, dass Sie nach Auswertung der Stellungnahmen des vdw, des DGB und der AWO, die sich alle zur Landeswohnungsgesellschaft bekannt haben, Ihren Antrag noch einmal überarbeitet und den schönen Satz „Die Leistungsbilanz des amtierenden niedersächsischen Bauministers ist mit Blick auf den mehrjährigen Trend der Baugenehmigungen verheerend“ gestrichen haben, weil Sie selber erkannt haben, dass Sie übers Ziel hinausgeschossen sind. Denn diese Leistungsbilanz ist keineswegs verheerend. Wir haben die Landeswohnungsgesellschaft gegründet. Wir haben mit Ihrer Unterstützung die neue Niedersächsische Bauordnung beschlossen, die in der Tat, wie Sie gerade richtig gesagt haben, jetzt erst mal wirken muss.

Ich bin, ehrlich gesagt, auch ein bisschen enttäuscht von Ihnen, dass Sie gerade das NBank-Programm derartig diskreditiert haben. Wir haben ein hervorragendes soziales Wohnraumförderungsprogramm der NBank mit zinsgünstigen Krediten mit 30-prozentigen Tilgungszuschüssen.

Man kann das reformieren. Man kann das verbessern. Wir sind auch in Gesprächen mit der NBank, dass man zum Beispiel auch beim zweiten Förderweg einen Tilgungszuschuss einführt. Man kann auch darüber nachdenken, die Mieteinnahmesituation zu verbessern, indem man die gedeckelten Mieten etwas anhebt, um den Gap zwischen dem geförderten Wohnungsbau und den tatsächlich erzielbaren Mieten etwas zu verringern. Alles das kann man machen. Wenn man sich das bundesweit anguckt, meine ich, dass das NBank-Förderprogramm sehr sehenswert und ein gutes Programm ist. Deswegen weiß ich nicht, warum Sie das diskreditieren.

Dennoch sprechen Sie immer wieder von „Landeswohnungskaufgesellschaft“. Das ist erstens eine Provokation, und zweitens ist das falsch. Sie wissen es besser. Ich frage mich, warum Sie sich trotz der umfangreichen Unterrichtungen, die wir durch Minister Lies im Ausschuss hatten, so äußern. Wir hatten Frau Viebach als Geschäftsführerin der WohnRaum Niedersachsen GmbH im Ausschuss. Sie hat Ihnen das Geschäftsmodell genau erläutert und sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es eben keine Kaufgesellschaft ist, sondern diese Landeswohnungsgesellschaft wird eine bestehende Lücke schließen.

Sie wird fertige Immobilienprojekte aufkaufen – dabei kommt in der Tat das Wort „kaufen“ vor –, aber es handelt sich um noch nicht realisierte Bauvorhaben. Sie wird die 100 Millionen Euro in zwei Tranchen – jeweils 50 Millionen Euro – investieren, indem fertige Bauprojekte von Bestandswohnungshaltern aufgekauft werden – wie die gewerbliche Wirtschaft, wie kommunale Unternehmen oder auch wie gemeinnützig orientierte Genossenschaften –, die mit ihrer Sanierung im Bestand im Augenblick aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen, die Sie zu Recht beschrieben haben, vollauf beschäftigt sind und gar nicht zu Neubauprojekten kommen.

Deswegen: Nehmen Sie diese Landeswohnungsgesellschaft doch endlich mal auch als Partner der Bauwirtschaft, als Partner der Vermietungsunternehmen, als Partner der Akteure auf dem Wohnungsmarkt! Sie macht doch gar keine Konkurrenz. Die Aufgabe ist so riesengroß. Lassen Sie doch die Landeswohnungsgesellschaft diese 100 Millionen Euro jetzt endlich sinnvoll einsetzen! Sie kauft Projekte auf, die sonst nicht realisiert worden wären. Sie wird am Ende mit 100 Millionen Euro ein Invest von 430 Millionen Euro auslösen und etwa 1.600 neue Wohnungen bauen, die nicht am Markt vorhanden wären, die ohne das Engagement der Landeswohnungsgesellschaft nicht realisiert würden.

Also hören Sie endlich mit Ihrem Krieg gegen diese Landeswohnungsgesellschaft auf! Sie ist ein Player neben vielen anderen, und sie ergänzen sich wunderbar.

Im Übrigen gibt es viele Kooperationen und viele Gespräche zwischen Frau Viebach, den Privaten und den Kommunalen, um in Zukunft auch gemeinsame Projekte zu realisieren.

Lassen Sie mich noch kurz auf Ihre anderen 16 Vorschläge eingehen:

Sie kommen mal wieder mit dem Kalauer der Grunderwerbsteuer. Erstens stört mich: Wenn Sie die Grunderwerbsteuer bis 10.000 Euro erstatten wollen, wo ist dann die Gegenfinanzierung? Sie wissen sehr wohl, dass dem Landeshaushalt dieses Geld fehlt. Das ist ein typischer Oppositionsantrag: etwas fordern, ohne zu sagen, woher die Kohle kommt.

Zweitens zu diesen 10.000 Euro: Herr Hilbers, Sie hätten das doch machen können! Sie waren doch lange genug Finanzminister! Warum fordern Sie es jetzt als Opposition? Als Sie Verantwortung getragen haben, haben Sie die Grunderwerbsteuer nicht abgeschafft. Ja, warum denn nicht? Weil Sie auch keine Gegenfinanzierung hatten!

Drittens. Diese 10.000 Euro sind doch kein Gamechanger! Glauben Sie wirklich, dass jemand, der für 300.000 Euro ein Haus baut, wegen um 10.000 Euro verringerter Grunderwerbsteuer zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten kommt? Das ist doch ein Witz, das ist ein Mitnahmeeffekt.

Vizepräsidentin Sabine Tippelt:

Herr Henning, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hilbers zu?

Frank Henning (SPD):

Immer gerne!

Reinhold Hilbers (CDU):

Herr Kollege Henning, wenn Sie über die Summe der Erstattung der Grunderwerbsteuer reden: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass wir in unserem umfangreichen Haushaltsantrag genau diesen Vorschlag gemacht haben und ihn auch dezidiert gegenfinanziert haben?

Frank Henning (SPD):

Mir ist Ihr Haushaltsantrag durchaus bekannt, aber ich habe darin keine Gegenfinanzierung für diesen Punkt gefunden. Darüber können wir uns gern noch einmal im Detail unterhalten.

Herr Hilbers, Sie waren selber lange genug Finanzminister, Sie haben es nicht gemacht. Warum fordern Sie es heute? Im Übrigen möchte ich Sie noch auf zwei Punkte aufmerksam machen.

Erstens. Welchen Sinn macht es eigentlich, den Kauf von Häusern von der Grunderwerbsteuer zu befreien oder zu entlasten? Was wir brauchen, ist doch eine Ankurbelung des Neubaumarktes. Wir brauchen neue Wohnungen, die bisher nicht am Markt vorhanden sind. Warum wollen Sie also, wenn ein bestehendes Haus von A an B verkauft wird, dies von der Grunderwerbsteuer befreien oder ermäßigt besteuern? Das macht überhaupt keinen Sinn.

Dadurch werden überhaupt keine neuen Wohnungen geschaffen. Sinn würde es machen – da bin ich sogar bei Ihnen –, eine Regelung zu finden, um bei Neubauvorhaben zukünftig die Grunderwerbsteuer abzuschaffen. Bei Bestandsbauten, die einfach nur weiterverkauft werden, wird dann aber weiterhin Grunderwerbsteuer erhoben.

Der zweite Punkt, für den auch ich durchaus Sympathie hätte, betrifft Bauträger. Warum wird eigentlich Grunderwerbsteuer auf Gebäude und Grundstücke erhoben? Warum entscheidet der Bund nicht beispielsweise – das kann die neue Bundesregierung demnächst realisieren –, die Grunderwerbsteuer nur auf das Grundstück zu erheben? Dann wäre das Gebäude steuerfrei. Das kann man ja machen. Aber beim Bauen durch Bauträger ist es heute leider so, dass die Grunderwerbsteuer für Grundstück und Gebäude zu bezahlen ist. All das haben Sie in Ihrem Antrag übrigens nicht drin. Ich möchte Sie noch mal darauf hinweisen, dass die neue Bundesregierung da eine große Aufgabe vor sich hat.

Im Übrigen: Zur digitalen Bauakte, die Sie hier als Gamechanger vorschlagen, haben Sie im Ausschuss wieder nicht aufgepasst. Dort wurde uns vorgetragen, dass mindestens zwei Drittel der Kommunen die digitale Bauakte längst umgesetzt haben. Der Gebäudetyp E ist Bestandteil der NBauO. Herr Frölich, auch da liegen Sie nicht ganz richtig: Natürlich kann man weitere Ausführungsbestimmungen zum Gebäudetyp E erlassen, aber in erster Linie ist auch da im Augenblick der Bund gefordert, weil der Gebäudetyp E erst dann vernünftig eingesetzt werden kann, wenn das BGB geändert wird.

Das ist bislang an der FDP gescheitert: die Haftung von Architekten und Ingenieuren an der Stelle, wenn sie von den anerkannten Regeln der Technik abweichen, entsprechend freizustellen.

Letzter Satz: Sie haben mit Ihren weiteren Vorschlägen im Wesentlichen Steuersenkungsvorschläge gemacht. Den alten § 10 e wollen Sie wiederbeleben. Sie wollen möglicherweise das Baukindergeld wieder einführen, wofür ich durchaus Sympathien habe. Nur: Ihr Steuerprogramm auf Bundesebene ist jetzt schon mit 100 Milliarden Euro überzeichnet. Wie wollen Sie eigentlich noch den § 10 e – den Abzug von privaten Schuldzinsen von der Steuer – gegenfinanzieren? Und wie wollen Sie eigentlich das Baukindergeld finanzieren? Das sind Milliarden! Morgen Nachmittag reden wir noch über Ihren Vorschlag zur Umsatzsteuerbefreiung für die Gastronomie, was noch mal 3,5 Milliarden Euro kostet. Passen Sie auf, –

Vizepräsidentin Sabine Tippelt:

Letztes Wort!

Frank Henning (SPD):

– wenn Sie möglicherweise demnächst im Bund die Regierung stellen, dass Sie sich dann nicht übernehmen! Denn die schwarze Null, die Einhaltung der Schuldenbremse ‑ ‑ ‑

(Die Präsidentin schaltet aufgrund von Zeitüberschreitung das Mikrofon ab – Frank Henning [SPD]: Investitionen und höhere Ausgaben – all das zusammen geht nur in der Opposition, aber nicht in der Regierung!)