15. Oktober 2013
Oktober 2013: Öffentliche Aufträge fair bezahlen
Im Rahmen des Oktoberplenums wird der Niedersächsische Landtag in diesem Monat abschließend über die Novellierung des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes entscheiden. Mit diesem Gesetz löst Rot-Grün nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen ein weiteres zentrales Wahlversprechen ein.
Das Gesetz sichert eine gerechte Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen öffentlicher Aufträge zu. Unter anderem sieht es vor, dass öffentliche Aufträge über Bau- und Dienstleistungen, die zum Beispiel von einer Kommune ausgeschrieben werden, nur an jene Unternehmen vergeben werden dürfen, die ihren Beschäftigten einen Lohn von mindestens 8,50 Euro brutto pro Stunde zahlen. Durch die Einführung einer verpflichtenden Lohnuntergrenze bei öffentlichen Aufträgen ist es so möglich, dem Lohndumping bei der Auftragsvergabe entgegenzuwirken. Da öffentliche Einrichtungen an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gebunden sind, sichern wir so, dass auch die Beschäftigten des Unternehmens, das das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet, gerecht für ihre Arbeit entlohnt werden. Unternehmen, die ihre Beschäftigten tarifgebunden bezahlen, werden nicht mehr gegenüber der Niedriglohn-Konkurrenz benachteiligt – bei öffentlichen Ausschreibungen ist somit ein fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen möglich, da dem unbegrenzten Unterbieten konkurrierender Firmen zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Riegel vorgeschoben wird.
Neben der Gewährleistung eines angemessenen Lohns schreibt das Gesetz auch vor, dass mittelständische Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gefördert werden sollen. Wenn ein öffentlicher Auftrag ausgeschrieben wird, soll er nach Fachgebieten unterteilt werden, sodass kleinere und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden können. Nur in Ausnahmefällen und mit gesonderter Begründung soll ein öffentlicher Auftrag komplett an ein Generalunternehmen vergeben werden dürfen.
Auch die Einhaltung der Kriterien der ILO – der Internationalen Arbeitsorganisation – sind Bedingung für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Und nicht nur bei den Unternehmen selbst soll darauf geachtet werden, dass die Kernarbeitsnormen der ILO – Vereinigungsfreiheit, Beseitigung der Zwangsarbeit, Abschaffung der Kinderarbeit und Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf – eingehalten werden. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sollen die Firmen zudem darauf achten, dass auch die verwendeten Waren von Zulieferern diese Kriterien erfüllen.
Nicht zuletzt wird mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz auch nahegelegt, dass öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen an Firmen auch auf umweltfreundliche Aspekte bei der Erstellung, Lieferung, Nutzung und Entsorgung achten und soziale Kriterien berücksichtigen sollen. Es sollte beispielsweise besonders angerechnet werden, wenn in einem Unternehmen auch schwerbehinderte Menschen beschäftigt werden, wenn ein Unternehmen auch ausbildet oder Langzeitarbeitslosen eine Chance zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt bietet. Auch die Gewährung von Chancengleichheit und die Gleichstellung von Männern und Frauen im Berufsleben zählen zu diesen Kriterien.
Mit der Verabschiedung des novellierten Vergabegesetzes gehen wir in Niedersachsen in Vorbildfunktion voran. Durch die Festlegung auf eine verbindliche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro wird verhindert, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Wettstreit der Unternehmen um öffentliche Aufträge unter Dumpinglöhnen zu leiden haben. Das Vergabe- und Tariftreuegesetz ebnet so den Weg zu mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt und zu einem gerechteren Wettbewerb. Es wirkt der Entwicklung entgegen, dass Beschäftigte ihren Lebensunterhalt durch immer geringere Löhne nicht alleine bestreiten können. Und was wir auf der Landesebene für öffentliche Aufträge in die Wege geleitet haben, muss auf Bundesebene für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchgesetzt werden: faire Verhältnisse in der Arbeitswelt und ein gesetzlicher, flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro!