17. Juni 2024
Neues aus dem Landtag
Aktuelles vom Juniplenum 2024
Die Europawahl 2024 liegt hinter uns und wir blicken für die Sozialdemokratie auf ein enttäuschendes Ergebnis zurück. Die Stimmenanteile der SPD sind im Vergleich zur Wahl 2019 noch einmal zurückgegangen. Gleichzeitig hat die AfD ein starkes Ergebnis erzielt. Vor diesem Hintergrund können wir nach der jetzigen Wahl nicht zur Tagesordnung übergehen. Nicht zuletzt die wahrgenommene Kritik und die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung hat bei den Wählerinnen und Wählern dazu geführt, anderen Parteien als der SPD ihr Vertrauen zu schenken. Ich hoffe sehr, dass es der Bundesebene vor dem Hintergrund des Ergebnis der Europawahl gelingen wird, schnell die Voraussetzungen dafür zu schaffen, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Auch für Niedersachsen lässt sich feststellen, dass unser Europawahlergebnis deutlich hinter den Ergebnissen der Landtagswahl lag. Für uns heißt es jetzt, die Ursachen sehr genau zu beleuchten und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Die Aufarbeitung der Wahl muss hierbei als Prozess verstanden werden, denn eine sofortige Lösung gibt es schlichtweg nicht. Wir müssen für die Menschen vor Ort auch weiterhin verlässliche und alltagsnahe Politik machen, um aufzuzeigen, dass die vermeintliche Alternative eben keine Alternative ist. Dabei müssen wir den eingeschlagenen Weg in Niedersachsen weiter gehen und gute Politik für die Niedersächsinnen und Niedersachsen machen. Im Rahmen des bevorstehenden Plenums wird es eine Vielzahl an Möglichkeiten geben zu verdeutlichen, dass wir in Niedersachsen unser Bestes dafür geben, um unser Land zukunftsfähig zu gestalten.
Was könnte derzeit mehr Ausdruck unserer guten Politik sein, als die abschließende Beratung der „Niedersächsischen Bauordnung“ (NBauO). Nicht nur in Niedersachsen wurde in den vergangenen Monaten viel über diese wegweisende Änderung des Baurechts gesprochen. Deutschlandweit hat die Politik und die Öffentlichkeit davon Kenntnis genommen, dass wir in Niedersachsen Abläufe vereinfachen, Bürokratie abbauen und einen Beitrag dazu leisten, Baukosten effektiv zu senken. Es bleibt dabei abzuwarten, ob sich weitere Länder unserem Weg anschließen werden und so ein wichtiges Signal an die Bau- und Wohnungswirtschaft senden. Weitere detaillierte Informationen zu den Inhalten der Novelle der NBauO können meinem Redebeitrag vom heutigen Plenartag entnommen werden.
Ebenfalls in abschließender Beratung wird die Änderung des „Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege“ (NKitAG) im Plenum behandelt. Der Gesetzentwurf zur Reform des Kindertagesstättengesetzes soll dabei helfen, kurzfristig die angespannte Situation in den Niedersächsischen Kindertagesstätten zu verbessern und für mehr Freiräume und Handlungsspielräume bei der Personalplanung sorgen. Zudem soll in Zeiten des Fachkräftemangels mehr Verlässlichkeit geschaffen werden. Auch soll die Betreuung in den Randzeiten einfacher gewährleistet werden, wodurch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sicherlich profitieren wird. Daneben enthält das Gesetz u. a. Änderungen zu den geplanten Fortbildungsmaßnahmen für den Einsatz der berufserfahrenen Assistenzkräfte (SPA Plus) als pädagogische Fachkraft (Gruppenleitung) sowie Regelungen zu dem Thema Finanzhilfe.
In erster Beratung werden wir uns mit einer Änderung des „Niedersächsischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes“ (NGVFG) befassen. Mit diesem Fraktionsgesetz werden wir insbesondere durch zwei zentrale Punkte die Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden verbessern, indem Verwaltungsaufwand minimiert und langfristige Finanzierungssicherheit geschaffen werden. Zudem machen wir den Weg frei, um Bürgerbusvereinen finanziell und ohne viel Bürokratie zu helfen. Durch die mit dem Gesetz zu beschließende Pauschale seitens des Landes – mindestens 3.500 Euro jährlich – wird die Basis der Vereinsarbeit gestärkt. Einzelabrechnungen von Klein- und Kleinstbeträgen stünden dabei in keinem Verhältnis zur Summe der insgesamt für die Pauschalen aufgebrachten Landesmittel. Auch stünde es dem Ziel dieses Gesetzes, die Vereinsorganisation zu entlasten, entgegen, den Vereinen neue Organisationsaufgaben in Form von aufwendigen Nachweispflichten aufzubürden. Insgesamt können durch die Novelle Verkehrsangebote in der Fläche ausgebaut, bestehende Angebote gesichert und der Verwaltungsaufwand minimiert werden.
Neben diesen positiven Nachrichten stimmen uns die aktuellen Entwicklungen zu der finanziellen Lage der Meyer Werft dagegen eher nachdenklich. Mit unserer Aktuellen Stunde: „Neustart für die Meyer-Werft – Beschäftigung und Know-how in der Region sichern, Spitzentechnologie und zivilen Schiffbau in Deutschland erhalten“ wollen wir deutlich machen, dass wir eng an der Seite der Beschäftigten stehen. Im Interesse der Region, der Beschäftigten, des Unternehmens und der Landespolitik muss es zu gemeinsamen Lösungen kommen. Die Forderungen unseres Wirtschaftsministers Olaf Lies, u. a. den Firmensitz wieder nach Deutschland zu verlegen und einen Aufsichtsrat in dem Familienunternehmen einzusetzen, unterstützen wir als Fraktion ausdrücklich. Die Meyer Werft hat im Bereich des Schiffbaus eine deutschlandweite Bedeutung, diese gilt es für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen zu sichern.
Im Rahmen unserer Fragestunde: „Gefahren der Humanen Papillomviren: Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung zur Bekämpfung?“ werden wir das Sozialministerium dabei unterstützen, auf die Notwendigkeit einer Impfung gegen HPV-Infektionen hinzuweisen und uns für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen. HPV-Infektionen zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Es existieren über 200 verschiedene HPV-Genotypen, die aufgrund ihres Potenzials, Krebserkrankungen auszulösen, in Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Typen eingeteilt werden. Etwa zehn Prozent der HPV-Infektionen können bei Vorliegen von Hochrisikotypen im Laufe der Zeit zu Krebsvorstufen oder Krebserkrankungen führen. Bei Frauen ist Gebärmutterhalskrebs die häufigste Folge einer HPV-Infektion, die nahezu ausschließlich durch HPV verursacht wird. Insgesamt erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6.250 Frauen und 1.600 Männer an HPV-bedingtem Krebs. Die Devise lautet also: „Impfen lassen!“
Neben unserer Aktuellen Stunde, unserer Fragestunde, den abschließenden Beratungen und unseren Gesetzesinitiativen bringen wir im Rahmen des Juni-Plenums vier Entschließungsanträge zur Erstberatung vor der Sommerpause ein:
Unsere Anträge im Einzelnen:
- „Kinderschutz an erster Stelle! Von der Kinderschutzstrategie zum niedersächsischen Landeskinderschutzgesetz“
Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag verfolgen wir das Ziel, eine breitflächige Kinderschutzstrategie zu erstellen, die aus gesetzlichen und nicht-gesetzlichen Maßnahmen bestehen soll und die ressortübergreifend und schnittstellenorientiert den Schutz von Kindern vor allen Formen der Gewalt und der Vernachlässigung weiterentwickelt. Um dies bestmöglich sicherzustellen, bitten wir die Landesregierung mit einem umfangreichen Katalog an Maßnahmen den Kinderschutz zu stärken. Besonders hervorzuheben sind hier die Erarbeitung eines Entwurfs für ein Landeskinderschutzgesetz, die Gewährleistung einer ausreichenden finanziellen Förderung der Beratungsstellen und Kinderschutzzentren, die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle, die Verankerung von Kinderrechten in der Landesverfassung sowie die Stärkung von Meldewegen und Präventionsangeboten. Mit Hilfe der Kinderschutzstrategie soll es gelingen, die etablierten Strukturen weiterzuentwickeln, neue Maßnahmen einzurichten und einen interdisziplinäreren Ansatz für einen optimalen Kinderschutz zu verfolgen. Eine zentrale Koordinierung auf Landesebene ist hier von elementarer Bedeutung, um die mannigfaltigen Beteiligten bestmöglich einzusetzen und Doppelstrukturen zu vermeiden.
- „Jugendschutz stärken: Kein Lachgas an Kinder und Jugendliche. Maßnahmen zur Prävention und Aufklärung ergreifen“
Lachgas wird im medizinischen Bereich zur Linderung von Schmerzen und Angstzuständen verwendet – und ist als Partydroge auf dem Vormarsch. Verkauft wird das Lachgas leicht zugänglich beispielsweise in Kiosken oder Snackautomaten. Wie ein aktueller Fall in Gifhorn zeigt, befinden sich die Automaten auch in unmittelbarer Nähe von Schulen, Kindergärten und Jugendtreffs. Lachgas oder Distickstoffmonoxid, ein farb- und geruchloses Gas, ist in Deutschland frei und ohne Altersbeschränkung erhältlich – das lockt vor allem junge Menschen an. Die leicht zugängliche Verfügbarkeit von Lachgas stellt eine ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit junger Menschen dar, insbesondere wenn es mit anderen Drogen konsumiert wird. Besonders verwerflich ist, wenn das Design der Verpackungen so gestaltet ist, dass es gezielt Jugendliche ansprechen soll. Es ist alarmierend und unverständlich, dass solche Substanzen so leicht zugänglich sind und direkt vor den Toren von Schulen und Jugendzentren verkauft werden. Aufgrund der gesundheitlichen Risiken, insbesondere für Jugendliche, wurden in einigen Ländern wie den Niederlanden bereits Maßnahmen ergriffen, um den Besitz und Verkauf von Lachgas einzuschränken. Auch in Deutschland uns in Niedersachsen gilt es, Kinder und Jugendliche zu schützen. Daher bitten wir die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass durch Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie einem Verbot der gezielten Werbung, Kinder und Jugendliche besser geschützt werden. Auf Landesebene wollen wir zudem über die Gefahren des Konsums von Distickstoffmonoxid sensibilisieren und Aufklärungsarbeit leisten.
- „Das juristische Staatsexamen digitalisiert – dem Zeitalter von Nachwuchsjuristinnen und Nachwuchsjuristen gerecht werden“
Die juristische Arbeit hat sich in den letzten Jahren durch die fortschreitende Digitalisierung weiterentwickelt. Durch die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs und die elektronische Aktenführung in vielen Behörden sowie den Gerichten ist deutlich geworden, dass die juristische Praxisarbeit eben nicht mehr nur durch analoges Arbeiten geprägt ist. Unsere ausdrücklichen Ziele sind, die Digitalisierung der Justiz zu forcieren und damit die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel sowie der Ausbau der digitalen Kompetenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz. Ausdrücklich vorgesehen ist hier auch die Schaffung der Möglichkeit des E-Examens, sowohl in der zweiten juristischen Staatsprüfung als auch sukzessive in der staatlichen Pflichtfachprüfung.
Die Einführung des E-Examens in den juristischen Staatsexamina ist aus unserer Sicht ein logischer Schritt und bietet zahlreiche Vorteile. Hierzu zählen u. a. die Schonung der physischen Gesundheit der Kandidatinnen und Kandidaten, die Erhaltung der Chancengleichheit durch die Anonymisierung der Klausuren, eine erleichterte Lesbarkeit der Klausuren für Prüferinnen und Prüfer und damit verbunden eine erleichterte Korrektur. Weitere Erleichterungen im Verfahrensablauf der Prüfungen könnten sich zudem durch eine elektronische Korrektur ergeben, die perspektivisch mit in den Blick genommen werden sollte.
- „Volle Energie für Niedersachsen – Smart Grids als sinnvolle Unterstützung zum Netzausbau fördern“
Die Notwendigkeit, unseren Energieverbrauch nachhaltig zu gestalten, den Verbrauch und das Energieangebot stärker zu flexibilisieren und die steigende Stromnachfrage zu decken, sind die Herausforderungen im Rahmen unserer Energieversorgung. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der begrenzten Ressourcen rücken vielfältige Lösungsansätze in den Vordergrund, die auf erneuerbaren Energien und innovativen Technologien basieren. In diesem Kontext gewinnen intelligente Netze (Smart Grids) zunehmend an Bedeutung. Die sogenannten Smart Grids ermöglichen ein effizientes, flexibles und dezentrales Energiemanagement durch Echtzeit-Datenanalyse und dynamische Steuerung von Verbrauch, Speicherung und Einspeisung. Dies soll sowohl Netzbelastungen reduzieren als auch Bürgerinnen und Bürger durch kostengünstigen Stromverbrauch Vorteile bieten. Ein wichtiger Aspekt ist hier die Einführung dynamischer Stromtarife, die den Verbrauch an produktive Phasen der erneuerbaren Energien koppeln, um Stromkosten zu senken. Bis 2030 sollen intelligente Messsysteme in Haushalten mit hohem Verbrauch Standard werden, und ab 2025 werden alle Nutzer von Smart-Metern von dynamischen Tarifen profitieren.
Als SPD-Landtagsfraktion werden wir uns dafür stark machen, dass sich perspektivisch alle Haushalte in ein intelligentes Netz integrieren. Um dieses Ziel zu erreichen, geben wir der Landesregierung mit unserem Antrag gleich mehrere Ideen an die Hand und bitten sie, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dort mögliche Regeländerungen voranzutreiben, um rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Weg für intelligente Netze freimachen. Zudem wollen wir auf Landesebene in Modellregionen testen, wie solche intelligenten Netze ausgestaltet sein könnten und in enger Abstimmung mit der Energiewirtschaft über die Möglichkeiten informieren, smarte Energienetze im Alltag mitzudenken.